Die zogen ſich zunächſt zu einer kleinen Beratung zurück. Das Ergebnis
war, daß man riet, die Gemeinde möchte rechtzeitig zum Gottesdienſt er-
ſcheinen, gut aufmerken, Kir<he und Pfarrhaus in Ordnung halten und dem
Pfarrer mit dem nötigen Reſpekt begegnen. Dem Herrn Pfarrer ſei natürlich
auch manches ins Stammbuch zu ſchreiben, vor allem möge er weniger lang
reden und im ganzen etwas leutſeliger ſein. Was die Haltung des Faſelviehes
anlange, ſo legten ſie dem Herrn Pfarrer dringend nahe, dem Wunſche der Ge-
meinde nachzukommen.
„Mit allen Entſcheidungen“, ſprach der Pfarrer, „bin ich zufrieden und
werde ſie getreulich erfüllen. Aber mit dem vertrackten Faſelvieh? -- -- nein,
das tue ich nicht. Erſtens habe ich keine Zeit, zweitens keine Luſt und drittens
halte ich es für einen unwürdigen Zuſtand, daß ſolche Dinge zum Pflichtenkreis
des Pfarramtes gehören.“
„Hm“, meinte der Herr Superintendent, „da kann man freilich im Augen-
blick nicht viel machen. Der Herr Kollege hat nicht ſo ganz unrecht. Aber
juriſtiſch ſind die Bauern zu ihren Forderungen berechtigt. Das Beſte wird
ſein, die Sache auf gerichtlihem Wege zur Entſcheidung zu bringen.“
Alſo geſchah es. Die Klage der Dudweiler und Sulzbacher, daß ihr Pfarrer
nicht nur das Faſelvieh zu halten, ſondern es im Bedarfsfalle zu vermehren
habe, wanderte mit vielen geſcheiten Anmerkungen verſehen von Saarbrücken
na& Wetßlar, allwo ſi< das hochwichtige Reichskammergericht des Heiligen
Römiſchen Reiches Deutſcher Nation niedergelaſſen hatte.
Die Kläger, der Pfarrer, die Viſitatoren aus der Saarreſidenz, die Kammer-
gerichtsräte, die zuerſt den Fol zu bearbeiten hatten, ſie alle waren ſchon längſt
tot. Aber immer wieder erſchien, von einem ſtändig erneuernden dienſteifrigen
Aktenverwalter ausgegraben, das anſchwellende Aktenbündel, in dem alles
Bedeutſame über die Faſelviehhaltung im naſſau-ſaarbrückiſchen Dudweiler
enthalten war, zur Wiedervorlage. Und ſtets wurden womöglich noh bedeut-
ſamere Bemerkungen hinzugeſ<hrieben, bis dann endlich nach faſt hundert
Jahren die Entſcheidung fiel: der Dudweiler Pfarrherr ſei von der Haltung des
Faſelviehes zu befreien!
Wenn auc der unmittelbar an dem Streite beteiligte Pfarrer dieſes Ur-
teil nicht mehr triumphierend bekanntgeben und ausnütßen konnte, ſo kam es
doch ſeinem Nachfolger zugute. Und auch den anderen geiſtlichen Kollegen.
Denn alle, die noch Verpflichtet waren, für die Gemeinde die Stiere und Eber
zu halten, werden dieſe löbliche und für ſie günſtige Entſcheidung ſchon in der
richtigen Weiſe ausgenüßt haben.
Ehrung des Rheinlieddihters dur< Villeroy & Bo.
Köln, den 13. Februar 1841. Unſer verehrter Mitbürger Herr Nikolaus Becker erhielt
geſtern durch die Poſt ſieben ſehr ſchöne Porzellanteller, auf deren jedem nebſt geſchmadck-
voller Bildnerei eine Strophe des Rheinliedes (Sie ſollen ihn nicht haben, den freten
deutſchen Rhein) enthalten war. Dieſes freundliche Geſchenk war von folgendem Schreiben
begleitet:
Mettlach, den 6. Febr. 1841.
„Wie in ganz Deutſchland ihr treffliches Rheinlied widerhallte, und uns Deutſchen
nicht minder als den Fremden mehr als als irgend eine andere Erſcheinung zeigte, daß
wir denn doch in Hauptſachen idurhaus einig ſeien, ſo erſhallte es auch in unſeren
Werkſtätten. Und wie ſich, was die Avbeiter ſangen, nach und nach zum -- Teller vundete,
erlauben wir uns .dem gefeierten Dichter hier vorzulegen.
In Auftrag für Villeroy & Boch
v. Cohauſen, Inſpektor der Steingut-Fabrik in Mettlach.
Dieſe Notiz beweiſt, daß man auch damals im Saargebiet von einem großen, geeinten
deutſchen Reiche, das iden Rhein als Deutſchlands Strom ehrte und liebte, träumte.
Mitgeteilt von Klaus Schmauc - Hülzweiler.
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