Was lehrt uns die Geſchichte der „Saar“?
Von A. Z.
„Die Geſchichte iſt die beſte Lehrmeiſterin.“
Treitſchke. :
Grenzmark -- Scickſalsland! Mehr als tauſend Jahre fluteten ſeit der Zeitenwende
der Völkerwanderung dahin, die mit dem Vordringen deutſcher Stämme über den heiligen
Strom den rheiniſchen Volkstypus ſchuf. Ein wechſelvolles Los war der Bevölkerung,
insbeſondere jedo< bei der Ohnmacht des alten Reiches unſerer Heimat beſchieden.
Aber Sturm und Drang konnten und werden nie das nationale Erbe auslöſchen, keine
Macht der Welt den deutſchen Geiſt niederringen, der uns beſeelt. Wo wir auch hinſchauen
in die Flut der Leiden des Saargebiets, unberührt von der Zeiten Gunſt und Ungunſt
ragen ſtets die Gipfel ſeines Weſens: germaniſches Volkstum. Und waren unſere Gegner
grauſam wie Nero, beherrſchte ſie eine Verfolgungswut wie Diokletian, ſie konnten den
hohen, fortwirkenden Geiſt germaniſcher Kultur nicht ins Herz treffen und ihn ver-
nichten. Noch heute wie vor Jahrhunderten bedeutet die Wacht an der Saar Treue zur
deutſchen Seele. Sie vuht wirtſchaftlich und politiſch, durch Kulturgemeinſchaft unlöslich
verankert, in allen Saarländern. (Ausgenommen ſind natürlich die 150 000 Saarfranzoſen
Clemenceaus, von denen ein moderner Diogenes noch nach 12 Jahren ein Dutzend ver-
geblich mit der Laterne ſucht.) Das Werden und Wachſen unſeres Grenzgaues von grauer
Vorzeit bis zu dem blühenden Induſtriegebiet mit heute 800 000 Seelen ſind ein einziges
glänzendes Zeugnis 'der geiſtigen und ſittlichen Kraft ſeiner Bewohner, die unbeſtechlich
und ſtolz ihr Deutſchtum zu bewahren wußten. Das lehrt uns die Geſchichte der „Saar“.
Wie einſt eine gewaltige Völkerwelle Jahrhunderte lang unaufhaltſam nach Weſten
vordringt, ſo flutet ſie ſeit langem nach dem Oſten zurück. Hierher gehört die nie zur Ruhe
kommende Eroberungsluſt der Franzoſen, die in ſchwachen Zeiten des Reiches ſtets
wiederkehrt und uns bereits Straßburg, Toul und Verdun gekoſtet hat. Noch in den
lezten 74 Jahren vor dem Weltkrieg muß jede paſſende und unpaſſende Gelegenheit
herhalten, um wenigſtens die Abtretung des Saartals zur Erörterung zu ſtellen. Dies
wiederholt ſich 1840, 1860, 1866 und 1870. Beim Friedensſ<hluß nach dem Weltkrieg
rettete uns Wilſon vor der Annexion. Die Schlange wechſelt wohl die Haut, doch niemals
Gift und Zähne. Auch das lehrt uns die Geſchichte der Saar. Ob König, Kaiſer oder
Republik, das ganze linke Rheinufer dauernd in Beſiß zu nehmen, blieb das heiß er-
jehnte galliſche Ziel, ein Verlangen, das ſoeben wieder einmal geſcheitert iſt. Es zerrann,
weil heute ein Volk nicht mehr wie eine beliebige Ware behandelt und verſchachert
werden kann.
Nur um das Saargebiet wird heute noch gehandelt und geſcha<hert trotz allem Wort-
geklingel vom Recht der Selbſtbeſtimmung und Völkerverſöhnung. Der tiefere Grund für
die ſcheinbare Unlösbarkeit der Saarfrage liegt, das lehrt uns die Geſchichte, neben
wirtſchaftlichen Vorteilen. der Gegner vornehmlich auf politiſchem Gebiet, in dem Drängen
nach der Rheingrenze. Die Hauptetappe dahin, unſer Kohlenrevier, will man feſthalten.
Wenn wir heute mit unſerem Widerſtand dieſen Plan durchkreuzen und mit der
erfolgreichen Verteidigung unſerer Baſtion den Rhein ſchüßen, ſo folgen wir den Spuren
unſerer Vorfahren. Sie haben durc< Jahrhunderte gegen den unruhigen und eroberungs-
lüſternen Geiſt gerungen, der den Franzoſen erb- und eigentümlich iſt in ſeiner ganzen
Weſensart des Unrechts, der Unfähigkeit und Ohnmacht im Aufbau, in der ſprichwörtlich
gewordenen galliſc<en Geldgier und Habſucht ſowie in der Mißachtung des Geiſtes ge-
ſchloſſener Verträge. Der Franzoſe iſt damit zu einer geiſtigen Eroberung durc ſeine
Natur überhaupt unfähig. Er iſt es insbeſondere, wenn er auf eine von der Geſamtheit
empfundene und getragene Kulturgemeinſchaft ſtößt, wie ſie Sage, Geſchichte, Sitte und
Sprache darſtellen. Das ganze böswillige Saarexperiment war darum von vornherein
rein innerlich ſhon zum Scheitern verurteilt. Es fehlte dabei auch das heute durchaus
notwendige in ſich verbundene Volkstum zwiſchen Regierung und Regierten. Was bei
einem Kolonialregime durch uns feindlich geſinnte Fremdlinge bei voller Rehtloſigkeit
eines hoch kultivierten Volkes in Erſcheinung getreten iſt, erinnert an die üblen Zeiten
des Abſolutismus. Ohne Bluteinheit und Tradition auf beiden Seiten entbehrt ein
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