Humor aus der „Großſtadtbrille“*).
Herausgegeben von Frit Kühner.
Unſere prächtge Johanniskir<he iſt bekanntlich ein Werk unſeres leider viel zu früh
verſtorbenen heimiſchen Künſtlers, des Architekten Güth aus St. Johann, dem wir noch
eine ganze Anzahl ſchöner Bauten verdanken. Nachdem die Kirche eingeweiht war, iſt
beſonders in der erſten Zeit der Andrang zu den Gottesdienſten ſehr ſtark geweſen und
erſt reHt am Karfreitag erwies ſich die geräumige Kir<he als noh zu klein. Das Presby-
terium war deswegen verſammelt und der älteſte, Herr G., meinte vorwurfsvoll: „I<
menn, die Kir is immer noh zu klänn, dann die Leit, die gehn noch lang nit all erin.“
Ihm antwortete ſein Kollege, Meiſter A.: „Joo, wann ſe all erin gehn, do gehn ſe
nadierlich nit all erin. Wann ſe awer nit all eringehn, do gehn ſe all erin.“ Und er hat
recht behalten bis auf den heutigen Tag. (Nr. 33, Ihrg. 29.)
Der verſtorbene Kaſſierer Herr P. von der Röchlingbank war als echter Alldahieſiger
bekannt, der am liebſten, auch im Verkehr mit der Kundſchaft: ſprach, wie ihm der
Schnabel gewachſen war. Ein bekannter Handwerksmeiſter hatte einmal einen Wechſel
bei der Röchlingbank einzulöſen. Er ſchickte zu dieſem Zweck ſeine erwachſene Tochter,
einen appetitlichen Backfiſch, zur Bank und Herr P. gab den Wechſel nach Einzahluag
des Geldes heraus. Bald danach rief der Handwerksmeiſter an und reklamierte bei
Herrn P., er habe ja keine Quittung für ſein Geld erhalten. Herr P. meinte, dafür habe
er ja den Wechſel. Der Handwerksmeiſter wollte aber außerdem noch eine Quittung
haben und ſchließlich ſagte Herr P.: „Ei, dann ſchicke ſe mer die Freilein noh ämol her,
dann ſ<reiwich ihr ebbes hinnedruff.“ (Auf den Wechſel meinte er natürlich. Was haben
Sie denn gemeint?) (Nr. 40, Ihrg. 29.)
Marktfrauen haben gewiß keinen leichten Stand. Schon lange vor Tag ſind ſie
unterwegs und bekommen ihre Familie oft erſt am Abend zu ſehen. Nun hatte eine
bekannte hieſige Marktfrau etwas Kleines zu erwarten und als es ſoweit war, wurden
ihre vier Kleinen, von denen eines ſhon zur Schule geht, ſchnell zu Nachbarn gebracht.
Morgens wird ihnen das „freudige Ereignis“ mitgeteilt und ihnen geſagt, mittags dürften
ſie na; Hauſe und bekämen das neue Bubchen gezeigt. Die Kleine kommt durch die
Geſchichte etwas ſpät zur Schule und entſchuldigt ſi bei der Lehrerin damit, daß zu
Hauſe ein kleines Brüderhen angekommen ſei, und deshalb habe ſie mit den Geſchwiſtern
bei M--5s ſchlafen müſſen. Teilnehmend erkundigt ſi< die Lehrerin: „Und was macht
denn deine Mutter?“ „A<h Freilein“, ſagte die Kleine, „die wäß es jo noh garnit. Die
geht jo immer ſo frieh vun dehemm furt. Die werd Auwe mache, wann ſe hemm
kummt.“ (Nr. 52, Jhrg. 29.)
Im Städtiſchen Saalbau zu Saarbrücken wurde durch die Piskatorbühne -,8 218“
aufgeführt, ein Tendenzſtück, das je nach der Einſtellung mehr oder weniger freundlich
beurteilt wird. Davon ſoll aber nicht die Rede ſein, ſondern vor der allzu waliſiſchen
Betätigung eines der mitwirkenden „Künſtler“. In dem Stück wirken auch drei kleine
Buben mit, die als Armeleutekinder auf der Bühne figurieren. Während der eine ins
Neſt verſtaut wird, kommt der andere auf den Thron zu ſitzen, in Saarbrücken kurzweg
„Hääbche“ genannt. Dieſe Sitzung ſollte natürli nur ſymboliſch ſein. In der zweiten
Sitzung ging jedoch dem kleinen „Künſtler“ das Temperament und -=- ſonſtwas dur<),
denn als er den Thron verließ, lag etwas, und zwar ein ziemliches Etwas, in dem
„Hääbche“, was übrigens auch anderwärts gewöhnlich in ſo einem „Huubhe“ zu liegen
pflegt. Natürlich große Entrüſtung über das entweihte „Hääbe“. Wer ſoll das weg-
machen? Es blieb nichts anderes übrig, als die Mutter des „Künſtlers“ zur Stelle ZU
ſchaffen, und dieſe gegen ein Extra-Spielhonorar mit der Rolle zu betrauen. Die Kinder
gehörten nämlich einer in der Nähe des Saalbaues wohnenden, im übrigen gutgläubigen
Familie und erhielten pro Naſe und Abend zwei Reichsmark Spielhonorar. Als man
hernad) den Knäckes fragte, wie er denn eigentlich dazu komme, ſo „aus der Rolle zu
fallen“, meinte er ganz treuherzig: „Das mach ih dehemm immer ins Hääbce!
(Nr. 28, Ihrg. 30.)
Der Herr Matz und der Herr Kriſchahn wollen ſich auch heute, wie ſchon öfters, zum
Beſuch der Rennbahn, Strecke Diskontoecke--Viktoriaecke, treffen. Beim Zuſammen-
kommen muſtert einer den anderen, ob er auch „ſalonfähig“ ſei. Sagt der Herr Maß
zu dem Herrn Kriſchahn: „Du wääſchde, du haſc<hd awer e dreggiger Krage aan, Dene
kinnſhde eijentlich ämol erumdrehje uff die anner Seit.“ Sagt der Herr Kriſchahn zu
dem Herrn Maß: „Jaa, mennſchde dann. meij Krage, der hädd drei (Sepe hrg 04
Lr. 27, ::30;
x) Die „Großſtadtbrille“ erſcheint wöchentlich, frei Haus 60 Cts., durch die Poſt monatlich
2,65 Fe;
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