Full text: 1930 (0008)

Saarkalender für das Jahr 1930 
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Humoriſtiſche Grabinſchriften. 
aus dem Rheinland, die mir Freunde des Saarkalenders für frühere Jahrgänge über- 
mittelten, haben anſcheinend unſeren Heimatgenoſſen im Reich viel Freude bereitet. J< 
erhielt daher wohl aus dieſem Grunde im Laufe des Jahres eine Anzahl dieſer Dichtkunſt 
des Volkes, die Ehrfurcht vor Tod, Grab und Jenſeits ſtark vermiſſen läßt, als Ergänzung 
zugeſandt. Im folgenden einige Beiſpiele der ſeltſamen Art, wie man in derber Form 
der Entſc<hlafenen gedenkt. Aus Tußingen ſchreibt mir ein früherer Saarländer: Auf 
unſerem Friedhof trägt ein Grabſtein nachſtehende Inſchrift: 
„Hier ruht Paul Trin. Die Hirnentzündung 
Nahm alſo bei ihm überhand, 
Daß do am Ende die Verbindung 
Der Seele mit dem Leib entſc<hwand.“ 
Ein Mitglied des Saarvereins in Stuttgart teilt mir mit: IH war in Steiermark zur 
Erholung. Als früherer Saarſteiger intereſſierte mich folgender Grabſpruch, den ich in 
Neuburg notierte: 
„Matthias Joſef Schweiger 
Im Bergamt Oberſteiger 
Mußt hier mit 50 Jahren 
In dieſe Grube fahren.“ 
Ein Neunkircher, der ſeit a<t Jahren in Hallein ſein Domizil hat, ſchreibt: Auf 
unſerem Friedhof gibt es zwei eigenartige Grabinſchriften. Sie lauten: 
„Jn dieſem engen, ſtillen Haus 
Da ruh ich von Geſchäften aus.“ 
iſt recht bösartig: 
„Was er im Leben übles that, 
Er that es nie mit Fleiß, 
Die Arbeit nicht, der Tod allein 
Bracht' ihn zuletzt in Schweiß.“ 
Nah einer Mitteilung Stettiner Freunde befindet ſiß dort auf dem Nemißer 
Kirchhof der großen Handelsſtadt das Grabdenkmal eines Eiſenbahners, das folgende 
Worte ſchmücken: 
„Du trateſt freiwillig in die Bahnſchienen 
Zum Kuppeln zweier Wagen dar; 
Statt treulich für den Zug zu dienen, 
Erfaßte dich des Puffers Paar.“ 
Eine in Meran zur Wiederherſtellung ihrer Geſundheit weilende Saarländerin fand 
auf einem Marterl in Fiſens nachſtehenden Spruch: 
„Bon ſieben Stichen totgebohrt 
Starb Joſef Hofler hier an Ort; 
Gott, der im Himmel, 
Wolle ſtrafen dieſe Lümmel.“ 
Aus Inzell bei Reichenhall erhielt ih von einem dort zur Kur weilenden Herrn 
aus St. Wendel eine Grabinſchrift, die gläubig eine rührende Bitte in ſich ſchließt: 
„Wenn's möglich iſt, 
Mein lieber Chriſt, 
So bet für mich, 
I< bet. für di.“ 
Aus Ulm erhalte ich folgende Zuſchrift: In der Nähe von Ulm ertrank ein junges 
Mädchen in der Donau. An der Unglücksſtätte ſteht ein Kreuz mit den Worten: 
„Brucka ganga, Brucka brocha, 
Abi gefalla, nau verſoffa.“ 
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