Saarkalender für das Jahr 1930
Nn.
Ein Aktenſtük aus Dudweilers Dergangenheit.
Don 4. 53.
Mit dem unſeren weſtlichen Nachbarn eigenen Kling und Klang erſchienen die Herxr-
ſchaften zur Zeit der großen Revolution, wie früher ſo oft, wieder einmal im Saargebiet.
In der ihnen ebenfalls beſonders erb- und eigentümlichen Zungenfertigkeit redeten ſie
auch damals unendlich viel von Völkerglück, das ihnen wie ihr Schatten folge unter
ihrem Freiheit heiſhenden Banner. Die vollendete Ausplünderung der Bevölkerung,
das Riederbrennen der fürſtlihen Schlöſſer im Jahre des Unheils 1793 zeigte die viel-
gerühmte culture frangaise, die man uns heute wieder „preiſend mit viel- ſchönen Reden“
ſhHmackhaft machen möchte. Aber Tatſache bleibt es, ſo oft die blau-weiß-rote Fahne ſich
in unſerer Heimat blähte, vertauſchten die Fremdlinge Recht mit Unreht. Sie redeten
zwar viel von ihrer Kultur und anderen ſchönen Dingen, doch die Taten blieben ſtets
weit, viel zu weit hinter den tönenden Phraſen zurück. Die Hinterlaſſenſc<haft war noch
immer ein ausgepowertes Land. Man füllte ſich auf Koſten der Bevölkerung die unerſätt-
lichen Geldbeutel und tat dann nod) ſehr verwundert, daß man nicht Liebe erntete, wo
man Haß aeſät.
Die Revolutionshelden hauſten übel, die Erinnerung an ihr Auftreten lebt nod) heute
im Lande als eine Art Muſterbeiſpiel feindnachbarlicher Geſinnung. Sobald nur ein neues
Blatt aus der dunklen Zeit irgendwo auftaucht, mildert es das alte Urteil niht. Es
weiß nur neues zu erzählen von Quälerei und Drangſalierung, von mitleidloſem Vorgehen
gegen einen friedfertigen und fleißigen deutſchen Grenzſtamm.
Im Koblenzer Staatsarchiv (Abt. 22/4052) hat man ein kleines Aktenſtück
entde&t. Es iſt vom Fürſtlichen Oberamt ausgeſtellt und enthält einen Befehl des
franzöſiſchen Generalkommiſſars in Saarbrücken vom 24. September 1793. Vierzehn
Tage vor der ſinnloſen Verwüſtung des alten, an Kunſtſhäzen reichen Schloſſes
(7. Oktober 1793) erließ der franzöſiſche Befehlshaber durh das Oberamt an den Bürger-
meiſter von Dudweiler einen Ukas, der in wenigen Zeilen das ganze Elend jener Tage
offenbart. St. Johann und Saarbrücken, damals kleine Landſtädt<hen mit faſt ausſchließ-
lih Ackerbau treibenden Bewohnern, waren bereits bis auf den letzten Zentner Korn
entblößt und hatten nichts mehr als das nackte Leben. Womit ſie es friſteten, mögen
die Götter wiſſen. Bei der Landbevölkerung war vielleicht noch etwas zu holen, jedenfalls
gingen die Plagegeiſter auch dort auf das Ganze. Der Herr Generalkommiſſar befiehlt,
und das lebte Pfund Hafer, die geſamte Ernte muß bei Androhung „ſtrengſter militäri-
ſcher Exekution“ ſofort abgeliefert werden. Das Schriftſtück bedarf keiner weiteren
Au-clegung und Erörterung, ſein Wortlaut kennzeihnet das ganze namenloſe Elend
jener Tage. Es lautet:
„Auf Befehl des franzöſiſhen M. Herrn General Commißaire wird
dem Herrſchaftlichen Meyer zu Duttweiler bey perſönlicher Verank-
wortung hiermit aufgegeben, daß jeder daſige Unterthan auf der Stelle
und ohne Zeitverluſt bey Vermeidung der ſtrengſten militaoiri»
ſhen Execution ſämtlichen Hafer, dener eingeärntet
hat, aus dero Sheur und unverzüglich zur franzöſi-
ſchen Armeehieherliefern. Zugleich hat der Meyer eine genaue
Liſte über denjenigen Hafer, der von den daſigen Unterthanen ai
dieſe Weiſe geliefert worden, zum Oberamt einzuſchicken. Endlich ſol
auch der Meyer vor morgen früh um 6 Uhr aht Unterthanen, bey
Straf, abgeholt (verhaftet) zu werden, hiehermit Aexten
aufdenSq<loßplaß beordern,;umzumDienſtder Armee
gebraucht zu werden. (!)
St. Johann, den 24ten September 1793.
Fürſtliches Ober Amt hieſelbſt.
al
ij
|
tn 282 fannt