Full text: 8.1930 (0008)

Saarkalender für das Jahr 1930 
treppe hinab in den Dunſt der ewig blakenden Oelfunzel zu ſteigen. Die Folge war, daß 
Wahlſter ſtets und immer wieder ſeinen Mund zum Hohlmaß für die Menge, wie ſie ein 
Groſchen bezahlte, zu ſeinem größten Leidweſen machen, oder ſich einen roten Kopf in 
kühler Kellerfeuhtigkeit anſ<mauchen mußte. 
War dies die erſte Folge, ſo war die zweite die, daß Wahlſter treu der alten Ge- 
pflogenheit früherer Generationen, als Shußzmann mit 130 Pfd. Lebendgewicht eintrat 
und nach einem knappen Jahre ſeine wohlgewogenen zwei Zentner in der Nachtwädter- 
kluft, die er nächtlicherweile anziehen mußte, ſtecken hatte. 
Und obwohl unſer alter Stadtbürgermeiſter an ſolche Dinge längſt gewöhnt, ſo war 
ihm doch das zu ſchnelle Fettwerden ſeines einzigen Untergebenen nicht gerade recht, und 
ver ungenierte Dämmerſ<oppen desſelben, wenn er gerade mit ſeinen Räten am 
Mitſcher'ſ<en Schanktiſch die wichtigſten Geſchäfte der Stadt erledigte, ſchon längſt ein 
Dorn im Auge. 
Weshalb, als Wahlſter wieder einmal ihn =- d. h. den Dämmerſchoppen -- bis weit 
über das Nachtglockläuten auszudehnen die unzweideutige Abſicht kundgab, der dienſt- 
liche Eifer ihn packte, hinging und dem Spieß- und Tutehornbewehrten nicht gar zu ſanft 
die Schulter drückte und ſprach: „Nachtwächter, mach er, daß er von hier fort und auf 
die Straße kummt, die ganz Stadt kann geſtohle werde!“, worauf der mit einem treu- 
herzigen Schlucker abwinkte und mit ſtierem Blick zur fröhlichen Tafelrunde antwortete: 
„Ah was, wer ſoll denn bei uns ſtehle?, ihr ſeid jo alle hier!“ 
SEAEEEEAEEEEEEEEEEEEEEEENEENEEen. Wente 
Vom Ausguk auf dem Winterberg. 
„Was hat jeder Menſ<, ob dinn oder dick, 
Was find ma om Kopp un nit om Genick. 
Un was zum Läwe un Sterwe geheert, 
Was muß do geſund ſinn un ſtets gud geſchmeert? 
Die Shniß, die Schniß, die Schniß!“ 
Wie ich noh ſo e junger Springer von vier-, fünfunzwonzich Johr war, do honn 
ic; das Liedche oft mit dem neetige Efee un mit Leib un Seel in da Kappeſitzunge gebrillt. 
Domols, do ware aach noh ſc<heene Zeite un e ſcheen Fahſenacht. Do hätt man kän Blatt 
fors M--und ſe holle gebraucht, ma hats geſaht, wies em graad iwa die Lewer gegrawelt 
is, Heitſetac<hs, wo man in Saarabien ſo e ſtrenger Zenſor honn (i<ß konn emol denne 
Jiame nit behalle, es wird emol ſputzt und zweimol genießt), do muß ma uffpaſſe, der wär 
uf emol im Stond un wird em die Shn--auße zubabbeloſſe. Un die is doh for ebbes 
gonz onneres do: 
„Was ſchafft em im Läwe viel Sorje un Plach? 
Was wickelt un freßt ball de gonze Dach? 
Was wird gonz fronzlich vum viele Gebrauch? 
Was ſchafft em die Kuttlät verkaut in de Bauch“ 
Die S<hniß, die Shniß, die Shnmß!“ 
Um uß die Kappeſitzung ſerickſekumme. Da kunnt ma mol ſo richtig alles vum Herze 
erunna ſohn. Ma hat nit vorzebeiche gebraucht, wie die Frau im Köllerdahl. Won die ihr 
Hinkele geſucht hat, do hat ſe immer gekrächzt: „Komm Bib, Bib, Bib, Hohn du aach!“ 
Und das nur, daß ſich de Hohn nit beleidicht gefihlt hat. Do wars frtjex doch ſcheener, aber 
ich muß ſchließe, ſunſt gebt ſie mir aach noh fronzlich. Nä, ich glaab, bei mir gehts ſo: 
„Un is de Honnes geſtorb in da Not, 
Was muß ma kaputtſhlohn noh noh ſeinen Dod? 
Die Sc<hniß, die Schniß, die Schniß!“ 
Honnes, 
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