Saarkalender für das Jahr 1929
Quartiere mit einem Zeltlager neben der Batterie vertauſchen. Um gegen Regen und
Schnee besser geschützt zu sein, bauten wir dann eine Notbaracke. Ueber unsere Kämpfe
hat in dankenswerter Weiſe nach mühevoller Sammelarbeit der Saarkalender bereits be-
richtet. Ich rechne es ihm zum hohen Verdienſt an, diese Notzeit des Saargebiets in Wort
und Bild festgehalten zu haben für Kind und Kindeskinder.
Auf dem Petersberg wurde im Laufe der Zeit unter der Leitung des Unteroffiziers
Schmidt (Baumeister in Argenthal bei Simmern) eine schöne Wohnbaracke gebaut.
Als der Frühling nahte, legte der Gefreite Franz (Gartenbautechniker auf dem Huns-
rück) einen schönen Gemüsegarten an. Das Ganze zierte ein Gedenkstein, den der Kano-
nier Eckes (Bildhauer aus Baumholder) angefertigt hatte.
Wir verlebten dort oben manche ſchöne Stunde. Die meiſten hatten es auch nötig,
denn sie waren bereits derart mitgenommen, daß sie für die aktive Truppe nicht mehr
zu gebrauchen waren.
Am 27. Januar feierten wir Kaisers Geburtstag + aber womit? Die Batterie haite
kein Geld. Dem war indessen schnell abgeholfen. Herr Wilhelm Winter - allezeit bereit -
~ ſtiftete die Würste. Die Herren Bruch, Neufang und Mohr je ein Faß Bier. Dazu
wurde Kartoffelſalat bereitet. Aber es war kein Oel da, um ihn zu ,schmelzen“. Auch da-
für fand sich ein Ausweg. Es wurde Kartoffelmehl mit Essig angerührt und damit der
Salat glatt gemacht, Pfeffer, Salz und Zwiebeln taten das ihrige.
Beim Geſchützexerzieren wurden die markanten Punkte auf den umliegenden Höhen
als Ziele benutzt. Auch ein alleinſtehendes Haus auf dem Raſtphul diente als Ziel. Eines
Tages, als wieder das Kommando kam: „Allgemeine Richtung, das einzelne Haus!“, da
hörte ich aus der Batterie heraus die Worte: „Halle gutt druff, dort wohnt sei Tant’!“
Der Batterieoffizier und ich hatten zuſammen ein Zimmer in der Wohnung des da-
maligen Pächters, des Herrn Müller. Ein biederer Westfale putzte es. Wenn er so an der
Arbeit war, erzählte er mir immer von ſeinen Kriegserlebnissen. Jede Episode ſchloß er
mit den Worten: „Junge, Junge, da hätt's de wat erleben können.“
Nach einiger Zeit bekamen wir auch zwei Pferde, um den Proviant zu holen. Kano-
nier Mayrhöfer ~ ein früherer Ulan –~ wurde Kutſcher. Eines Tages holte er mich von
der Feuerleitung auf dem Eſchberg ab. Da Mayrhöfer die Stadt noch nicht kannte, mußte
ich ihn mit den hauptſächlichſten Sehenswürdigkeiten bekannt machen. Am andern
Morgen traf ich ihn, er schien auch einen ſchweren Kopf zu haben. Ich sagte deshalb:
„Mayrhöfer, der letzte Schoppen, den wo mir gestern am Abend getrunken hobn“
worauf er mich mit den Worten unterbrach: „Jawoll, Herr Oberleutnant, der war
ze vui*). . ;
Die Novembertage 1918 machten der schönen Anlage den Garaus. Der Mob ſchlug
alles kurz und klein und ſtahl, was er forttragen konnte; nur die Geſchütze und die
Grundmauer der Wohnbaracke ließ er ſtehen. Auch der Gedenkſtein mußte daran glauben,
er wurde in blinder Zerſtörungswut vom Geſindel übelster Art zerſchlagen. . W.
*) pui == viel. V J
Was not tut.
Eine zeitgemäße Korrektur an dem alten Harzer Bergmannsſpruch
„Es grüne die Tanne ~ es wachſe das Erz;
Gott ſchenke uns allen ~ ein fröhliches Herz!“
befand ſich an dem Hauſe des Herrn Baugewerksmeiſter Meyer in Burbach (Wald-
ſtraße). – Obiger Urtext prangte bis zum Kriegsende in Stein gemeißelt über der
Haustür. Als jedoch die Nachkriegszeit bange Unruhe in manches ſchwache Herz
brachte, ließ Herr Meyer den Spruch neu meißeln. Jetzt heißt er mahnend, ſtärkend:
E S ü ne die Tanne,
ſ e das Erz ;
enke uns allen
tſches Herz !“ Ep.
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