Saarkalender für das Jahr 1929
Der Major und der Notar sahen einander an .. . „Hören Sie mal, alter
Schwede“, sagte der Notar. „Wenn wir hierbleiben, in dieser öden Bucht, dann ſteilen
wir aber auch unsere Bedingungen.“
„Mun? “ fragte der Professor.
„Nehmen Sie an?“
„Heut' nehm’ ich alles an, wenn Sie nur nicht fortlaufen und mich allein lassen.
Also los, ich nehme an –~*
„Daß Sie uns die „Affäre“ zum beſten geben, wie man Sie einmal hat krallen
wollen“, lachte der Uotar . .
Der Profeſſor war gefangen . . . er wußte, hier gab es kein Entweichen.
Nachdem er ſich geſträubt hatte, das sei „eine Ausnahme, seine Affäre“ + eben
deshalb, sagten die beiden anderen + gab er endlich nach.
Die Herren hingen ihre Ueberzieher wieder auf, die Mietze begann den Tiſch
feſtlich zu decken, stellte den kleinen geſchmückten Baum mit den knisternden Lichtern
darauf und der Notar braute die dampfende Punſchbowle. . .
„Alſo los, Professor.“
Der begann zu lachen. „Es iſt wirklich nichts dran, meine Herren.“
„Aber Sie lachen ja immer.“
„Mun, weil's ſo dumm ist, hahaha . . . .“
„Gleichwohl, erzählen Sie, los, los, sonſt gehen wir fort und lassen Sie mit
der Mietze allein.“
„Mun alſo . . . es war um die Weihnachtszeit vor ungefähr dreißig Iahren,
als ich meine Derſetung aus meinem Heimatſtädtchen hierher erhielt“, begann er.
„Ich war eben im Begriffe, meine Hütten abzubrechen, als ein Detter zu mir kam,
ein älterer, geſezter Ehemann, mit dem ich nicht so ſtand, daß wir uns gegenseitig
unsere Herzen auszuſchütten pflegten; er hegte die von der Familie geteilte Be-
ſorgnis, ich möchte in der als leichtſinnig bekannten größeren Stadt nicht mehr
zu einer Ehe kommen, er ſelbſt war verheiratet, warum sollte ich es beſſer haben?
Einmal mußte es ja sein, beſſer zu früh als zu ſpät, und was er denn für Gemein-
plätze vorbrachte. Er hatte eine junge, ſehr hübſche Schwester, wir hatten uns wohl
äâls Kinder gekannt, aber dann aus den Augen verloren. Sie wohnte drei Stationen
von der neuen Stätte meines Wirkungskreiſes, und wenn ich damit einverſtanden
war, wollte mein Vetter die Sache in die Wege leiten. Eine beſſere Frau würde
ich niemals bekommen. Er wußte mir so überzeugend das elende Schickſal eines
Iunggesellen zu schildern, daß ich endlich meine Erlaubnis gab, dieser Schweſter
mein Bild zu senden. Als der Detter mein Album durchblätterte, fand ſich, daß kein
einziges geeignet sei, einer jungen, verwöhnten Dame zu imponieren. Meine Zu-
künftige, die ſich ſelbſt ſehr adrett kleidete, war in bezug auf männliches Neußere
anspruchsvoll, ein ſchlechtſizender Rock, ein zu weites Beinkleid konnte alles ver-
derben. Ich probte mit dem Vetter meine Garderobe durch, und es fand ſich, daß
ich unbedingt einen neuen Anzug . haben müſſe. Ehe ich mich zum Photographen
begab, mußte ich mir Bart und Haare ſtutzen laſſen, ich wurde eingekleidet, frisiert,
mein Bild genommen und zur Zufriedenheit retuſchiert. „Denn der erſte Eindruck