Full text: 1929 (0007)

Saarkalender für das Jahr 1929 
Saarländiſche Spezialgerichte". 
Von Ernst Eichacker, Saarbrücken. 
Jede Gegend, jeder Gau hat seine Spezialgerichte, deren der Einheimiſche in der 
Fremde mit einer gewissen Sehnsucht gedenkt. Was dem Oberſteiner der fettriefende, 
saftige Spießbraten, dem Lothringer zarte Froſchſchenkel und „Andudels“ (endouillets), 
das ſind dem Saarländer Spanferkel mit Majorankartoffel, Saarbrücker oder Sprewen- 
Fleiſchpaſtete und andere edle Sachen, „schön anzuſehen und gut davon zu eſſen“, wie es 
vom Apfel im Paradiese heißt. Die Rezepte dieser Spezialitäten sind uralt, durch Gene- 
rationen vererbt und erprobt. Unter den sonstigen Tugenden unſerer Vorfahren wollen 
wir ihnen auch gerne zuerkennen, daß ſie mit Vorliebe etwas Gutes ,„präppelten“ und 
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wohl verſtehen, wenn ihr Verlangen nach unseren Küchengeheimnissen erwacht und ſelbſt- 
verſtändlich auch geſtillt werden muß. In Nachstehendem wili ich hier verſuchen, leicht ver- 
ſtändliche klare Anleitungen zu geben, wie sich die hauptsächlichſten Spezialgerichte in 
meiner Praxis hundertfach bewährt haben und sich ohne sonderliche Mühe bereiten lassen. 
Die Saarbrücker od er Sprewen-Fleiſchpaſtete. 
A. Di e Füllung. 3 Pfund Schweine- und 2 Pfund Ochsen- oder Kalbfleiſch, ohne 
Knochen, werden in ziemlich große Stücke geschnitten, mit Paſteten-Gewürz und Salz ver- 
mengt, in einer Steinschüsſsel mit Rotwein und Eſſig 208 Tage mariniert. 
B. Der Teig. 3 Pfund Mehl, Pfund Butter, k Pfund Schmalz, !4 Liter Milch 
werden mit etwas Salz und 60 Gramm Hefe zu einem Teig verrührt. Mit der Hälfte dieſes 
Teiges wird eine entsprechend große Kuchenform ausgelegt und „gehen“ lassen. Das Fleiſch 
wird während dieſer Zeit auf einen Seiher zum Abträufeln gelegt. Sodann wird die Form 
mit dicht neben einander geschichteten Fleiſchſtückchen belegt. Mit der anderen Hälfte des 
Teiges bedeckt man diese Maſſe und läßt den Teig nochmals „aufgehen“. Nachdem die so 
bereitete Paſtete mit Ei beſtrichen iſt, wird in der Mitte ein Loch gemacht und mit einem 
sog. Papierkamin umhüllt. Die Backzeit beträgt je nach der Größe 191!4 Stunden bei 
quilem Feuer. Während des Backens füllt man nach und nach den Reſt der Marinade durch 
den Papierkamin in die Paſtete. Das Gericht muß heiß serviert werden. 
Boudin oder franz öſiſche Blu twur ſt. 
Schweinefleisch und Lunge werden weich gekocht und durch die Fleiſchmaſchine gedreht. 
Viele Zwiebeln werden, mit friſchem Speck gemischt, ebenfalls durch die Maschine getrieben 
und zuſammen weich ,„geſchwitzt“. Darauf mit dem anderen Fleisch gemiſcht und das Ganze 
gewürzt mit Salz, Pfeffer, Muskat und Majoran und Zusatz von Schweineblut. Die 
WMiſchung wird sodann in Därme gefüllt und in ſchwachem Salzwasser zirka eine Stunde 
geſiedet. Unmittelbar nach der Fertigstellung schreckt man die Wurst in kaltem Wasser ab. 
Spancferktk el. 
Ein Ferkel von 10016 Pfund iſt für dieſen Leckerbiſſen am beſten geeignet. Das 
Fleiſch wird zunächſt innen und außen gesalzen und mit Schmalz gut eingerieben. Bei 
fleißigem Begießen iſt der Braten auf offener Pfanne oder beim Bäcker 122–92 Stunden 
schön knuſperig fertiggestellt. Empfehlenswert bleibt es, den Braten wiederholt mit Bier 
zu bepinſfeln. 
  
*) Von unseren fernen Landsleuten erging an mich vielfach im Laufe der letzien Jahre der 
Wunſch, im Saarkalender bewährte Rezepte von Lieblingsſpeiſen der saarländischen Bevölkerung 
zu veröffentlichen. Ich erfülle gerne die Bitte, um den der Geheimniſse unkundigen Frauen der 
Freunde willkommene Gelegenheit zu bieten, in das brummigſste Männerantlitz ein beglückendes 
Lächeln zu zaubern. Die Liebe geht bei dem ſtarken Geschlecht durch den Magen. Ein gutes 
Gericht wirkt da Wunder, wie Maienregen auf einem Frühlingsbeet. Ein bekannter Kochkiünſtler 
aus uraltem Saarbrücker Geſchlecht, Herr Ernst Eichacker, hat mir in ſeiner liebenswürdigen 
Art eine Anzahl alter heimiſcher Spegialgerichte in klaren Vorſchriften aufgegeichnet. Er darf 
zahlreicher dankbarer Seelen gewiß ſein. 
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