Saarkalender für das Jahr 1929
Eine bisher unbekannte Rede des Fürſten Blücher.
Ein hiſtoriſch wertvolles Schriftſlück.
Von A. Z.
Grenznachbarlicher Freundesdienst hat dem Saarkalender ein Schriftstück überliefern
können, das uns den großen Helden der Freiheitskriege als Redner zeigt. Das Blatt iſt
für uns alle und nicht allein für unsere Geschichtsſchreiber wertvoll. Marschall Vorwärts
nannten unsere Großväter den alten Haudegen, der dem Feldherrngenie eines Napoleon
trotzte und es nach mannigfachen Wechselfällen stürzen sah. Als „Vater Blücher“ lebt er
noch in uns allen, der unverzagte Draufgänger, dem für sein Denkmal Goethe die Worte
widmete: Zu jeder Zeit bewußt und groß, so riß er uns vom Feinde los!
Unvergessen bleibt dem Alten der Gerechtigkeitssſinn und die Wahrheitsliebe, die er
gu dem Köpig gegenüber nie verleugnete. Friedrich Wilhelm MI. rief sein Volk zum
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Einfluß einer engherzigen Hofkamarilla, seine Zusicherung zurückziehen. Der Hofadel hatte
ihm klargemacht, er sei in Wahrheit Vater des Volkes und könne wohl in Gefahr den Kin-
dern Versprechungen machen. Die Pflicht gebiete es aber, sie zurückzunehmen, wenn ihm
dies für seine Untertanen nügtlicher erscheine. Friedrich Wilhelm III. klopfte brieflich hier-
über auch bei Blücher an, der ihm aber wenig ſschmeichelhaft antwortete: „Ein Hundsfotl
iſt, wer sein Versprechen nicht hält!“ Weniger bekannt iſt der übel abgelaufene Besuch
mehrerer Mitglieder des öſterreichiſchen Hochadels bei Blücher in einem böhmischen Bade.
Die fein geschniegelten Herren waren reichlich mit den höchſten Auszeichnungen geschmückt,
ohne. je etwas anderes als parfümiertes Zahnpulver gerochen zu haben. Sie gerieten daher
der Reihe nach in peinliche Verlegenheit. als der derbe Soldat wieder und immer wieder
bei jedem einzelnen der zahlreichen Ordensſterne die verdutzten Träger lächelnd und in
gut geheuchelter Teilnahme fragte, in welcher Schlacht und durch welche Heldentat sie diese
oder jene Auszeichnung erkämpft hätten.
Den Mann des Schwertes, der furchtloſen Tat sehen wir in Blücher, als Redner wissen
trier wenig .°! ihm; es wird daher alle erfreuen, den Feldmarſchall auch in dieſer Rolle
en zu lernen.
Ich Hörte seit Jahren durch Freunde in Nancy, daß sich dort vom Januar 1814 durch
Zufall eine von deutschen Offizieren nachgeschriebene Rede Blüchers an die Munizipal-
räte erhalten habe. Die Niederſchrift sei damals bei dem Aufbruch der preußiſchen Truppen
nach Len gn rt !reih; yergefer. h! dem Querticrwiet aber huſbewqyrt worden.
rsangen und por shubiave zu Stubiad: Irruzde ft. it eerſetehene Hönpe vor.
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Das interessante Stick liegt vor mir. Rauhes, blaugraues Papier in Aktenformat;
die Ränder ein wenig lädiert, die Tinte zum Teil verblaßt, aber die Schrift noch leserlich.
Zwei grundversſchiedene Handſchriften weiſt die Aufzeichnung auf, eine derb, in den
kräftigen Zügen eines alken Militärs, die andere kennzeichnet dagegen in ihrer reichen
Zierlichkeit den federgeübten Mann. Es haben sich demnach an der Niederschrift zwei
Offiziere beteiligt, von denen jeder etwa die Hälfte der Rede notierte und dann seinen
Paſſus sorgfältig in Reinſschrift niederlegte.
Das Schriftstück hat folgenden Wortlaut:
„Rede gehalten durch den Herrn F e ld m ar sch all v on Blücher an die Glieder
der Munizipalräthe zu Nanzig. ~ .
Meine Herren! ich bin zufrieden mit denen Gesinnungen, die Sie mir durch
Ihre Rede zu erkennen gegeben haben. Die gerechte Vorsehung hat unsre Armeen
auf das französiſche Gebieth geleitete Ganz Europa ist endlich aus seiner ge-
träumten Sicherheit durch den unersätlichen Ehrgeit desJenigen aufgeweckt
worden, der seit Jaren über das Schickſal von Frankreich nach seinen Launen
verfiegt. Die Völker der Wolga, der Tonau, des Tajo, der Elbe, der Temſe
verließen ihre Herde und stehen nun auf dem vormahls so glücklichen Boden
Frankreichs. Vormahls waren mehrere dieſer Völker die Freunde und Anhänger
Frankreichs, alle nun seine Feinde. Welches ist die Ursache dieser Veränderung?
Der ungesſtime und unermüthbare Ehrgeitz eines einzigen. Er iſt es, der Völker