Saarkalender für das Jahr 1928
Zuneigung zu den Schülern. Wir bemühen uns zuvörderſt, das Vertrauen unserer
Scholaren zu gewinnen, daß sie an unserem Umgang nicht allein nichts ſchreckliches,
ſondern auch ein Vergnügen finden.“ – Den Eltern werden ebenfalls Lektionen erteilt.
Eine vor allen iſt heute noch angebracht: „Manche (Eltern) haben die üble Gewohnheit,
sobald der Sohn unartig iſt, damit zu drohen, daß man es dem Lehrer anzeigen wolle.
Der soll ihn so und so vornehmen.“ Kiefer verwahrt sich dagegen als ,bestellter Zucht-
meister des gemeinen Wesens“ betrachtet zu werden. „Es sei unbillig und für das Amt
erniedrigend.“ „Der Grundsatz der Disziplin“, schreibt Kiefer, ,ist, die Jugend mit mög-
lichſter Beibehaltung ihrer Freiheit und Freimütigkeit, ohne niedrige Mittel der Zucht
zu erziehen.“ –
Vor 160 Jahren ſind diese Ideen niedergeſchrieben worden. Damals bedeuteten ſsie
ſicherlich eine Kampfschrift, in vielem neu. Das Große in den Darlegungen liegt darin,
daß vor alle Wissenschaft der M en sch geſtellt wird. Menſch hat der Pädagoge zuersſt zu
sein, auf sein Menschentum gründen ſich seine Erfolge in der Erziehung. In der Zeit des
Kkraſſeſten Despotismus wagen ſich dieſe Ideen an das Licht, finden Verwirklichung durch
einen großen Pädagogen und Menſchen, den Rektor Johann Nikolaus Kiefer am Wilhelms
Gymnasii in Saarbruck. Ist das, was damals gefordert und angestrebt wurde, auch
noch das Ziel von heute?
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Buchſchmuck der Hoferſchen Hofbuchdruckerei 1702.
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D" genialen Schotten Thomas Carlyle hat ſeine Weltbürgerei nicht verhindert, im großen
Jahre 1810-11 ſehr entſchieden auf die Seite der Deutſchen ſich zu ſtellen, während
deutſche Schwabbel- und Hchwiemelköpfe gegen ihr eigenes (Volk und für die Franzoſen auftraten.
So weit kann und darf die Tumpenhaftigkeit fürwahr nur in Deutſchland getrieben werden,
wo (Nationalgefühl und (Nationalſtolz leider noch immer (Pflanzen ſind, die nicht überall gedeihen,
und wo waſchlappige Gutmütigkeit und doktrinäre Stockköpfigkeit jede (Verſündigung gegen
das (Nationalbewußtſein ungeſtraft hingehen laſſen.
Johannes Scherr
(in ſeiner Skizze „Thomas Carlyle“).
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