Full text: 6.1928 (0006)

  
Saarkalender für das Jahr 1928 
  
  
Schlußwort. 
Der Saarbrücker Konferenzſaal der Bergverwaltung bietet in seinem Aeußeren ein 
treffendes Zeitenbild. Beſcheidene Lichtbilder in schlichter, schwarzer Umrandung zeigen 
rings die Leiter der preußiſchen Bergverwaltung von Sello bis Fuchs. Ernſt das Antlitz, 
Pslichttreue in jeder Miene, blicken sie hernieder, die einſt den Bergbau an der Saar zur 
Blüte gebracht. Den neuen Geiſt verkörpern dagegen durch zwei große Oelgemälde in 
breiten, prunkenden Goldrahmen: Napoleon I., das Sinnbild der Gewalt, und Poincaré, 
das Haßgenie. Symbole sind der Bildſchmuck dieses Ratszimmers. Auf der einen Seite 
deutsche Einfachheit, und was Arbeit aus einem ehrlichen Menſchenantlitz machen kann, 
lieſt man aus den sinnenden Mienen der ernsten Gesichter. Mit dem alten Geist ging 
ruhige Entwicklung von unſcheinbarer Knospe bis zur bewunderten Blüte. Die beiden 
Schutzheiligen der heutigen Zeit dagegen mit ihrem grellroten breiten Band der Ehren- 
legion, die Repräsentanten der Gewalt und des Hasses, segneten den unheilvollen Raub- 
bau und mit ihnen kam der Heimat eine Notzeit ohnegleichen. Verſunken ist Ruhe und 
Glück, an ihrer Stelle ſtampft heute der Hunger durch das Revier. Wir denken mit 
bebendem Herzen an die durch Kurzsichtigkeit und Haß sich heute katastrophal gestaltende 
Lage unseres Bergbaues. Feierſchicht auf Feiersſchicht, und trot dem wachsen die Haldea 
zu Bergen. Die Herren am grünen Tiſche des Konferenzſaales ſind am Ende ihres 
Latein. Zornig schauen die alten Recken der Arbeit. der Sparsamkeit, aber damit auch 
des Erfolges auf die fremden Epigonen herab, die nun auch ernten, was sie geſäet unter 
dem aufmunternden Segen zweier Unglücksraben der Welt. Ich konnte dieses Buch nicht 
schließen, ohne noch einmal des Jammers zu gedenken, Der uns am Herzen frißt. 
Da fällt mir beim letzten Druckbogen der Etat unserer Regierung in die Hände. Ich 
lese: 7000 Fr. für Volksbildung und 50 000 Fr. zur Förderung des Völkerbundsgedankens. 
Völkerfrieden, ein Gedanke göttlich schön wie Sternenlicht aus Himmelshöh:n, doch 
hört, meine Herren, und laßt euch sagen, ihn hat hier eure Tat erſchlagen. Ist es indes 
im Ernſt gemeint, ihr wißt, wo Sinn und Tat ſich eint, der Deutſche iſt's, der es 
beweiſt, drum gebt das Geld für deutschen Geiſt. ~- Doch noch eins will ich hier zum 
Abschied nicht vergeſſen. Ein Gedenktag liegt mit dem 20. Juli 1927 hinter uns, der 
Paſſionsweg unserer Verbannung iſt mit dieſem Datum zur Hälfle zurückgelegt, jener 
Stunde daher noch ein kurzes Wort. 
Zum 20. Juli 1927. 
Der Sturm iſt abgeschlagen Und wird die Zeit uns bringen 
Im Kampfe hart und wild, Noch Stunden trüb und ſchwer, 
Es grüßt nach heißen Tagen Nur heller soll erklingen 
Die Saar der Mutter Bild. Des Rechtes Schild und Speer. 
Und Deutſchland wird ermessen, Heißt Elend auch entsſagen, 
Was du geweſsen biſt; Die Kraft, durch Leid entfacht, 
Das Reich würd' sich vergessen, Läßt alles, alles tragen, 
Das deine Not vergißt. Und Gott hält treue Wacht. 
Er bleibe Waff’ und Wehre, 
Kennt unsrer Sehnsucht Schrei: 
„Herr, wahr’ des Sa arlands Ehre 
und mach’ uns wieder frei!“ IL 
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