Saarkalender für das Jahr 1928
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31.
6. Januar:
. Februar: Der
. Februar:
. Februar:
Januar: Vertreter aller sſaarländiſchen Induſtrie-
zweige machen in einer Besprechung die Regie-
rungskommiſſion auf den außerordentlichen Ernſt
der Wirtſchaftslane im Saargebiet aufmerkſam.
Gefordert wird die Ermäßigung der Kohlenpreiſe
und HGuütertarife, um Kataſtrophen zu ver-
meiden.
Berittene Abteilungen der Forbacher
Garniſon erscheinen bisweilen in Naßweiler im
Saargebie. Das letzte Mal wurde dort Raſt
gemacht und die Pauſe von verſchiedenen
Soldaten benutzt, aus dem Geſchäfte Schmidt ver-
ſchiedene Sachen unbezahlt an ſich zu nehmen.
Die Forbacher Gendarmerie wurde telephoniſch
benachrichtigt, der Beſtohlene kam wieder in den
Beſißj des entwendeten Gutes.
Januar: ! Reichsmark gleich 6,01 Franken.
Februar 1927.
„Arbeitgeberverband der Saar-
indnſtrie" kündigt den Arbeiterr und An-
geſtelltenorganiſationen die Lohn- und Gehalts-
tarife zum |. Miärgz. Begründet wird das
Vorgehen mit der Verſchlechterunng der wirt-
ſchaftliicden Lage der IJnduſtrie: notwendige
Herabſezung der Verkaufspreiſe und zu teure
Kohlen, deren Koſten um 20 Prozent ermäßigt
werden müßten.
. Februar: Im Saargebiet werden von Grab- und
Kriegerdenkmälern, deren Wert 3000 Fr. über-
ſteigt, Cuxusſteuern erhoben. Weder Deutſchland
noch Frankreich kennen dieſe wunderliche Steuer-
art. Proteſt der Preſſe.
. Februar: Am 8. Februar verſtarb der um die
Pflege des vaterländiſchen Gedankens im Saar-
gebiet verdiente Rechtsanwalt Dr. jur. Wenderoth,
1. Dorſitcnder des Kreis-Kriegerverbandes, dem
das Ehrenkreuz 1. Klaſſe verliehen worden iſt.
Ueber die ſchwierige Wirtſchaftslage
wurde eine Ausſprache zwiſchen Vertretern der
Arbeiter- und Angeſtelltengewerkſchaften und der
gesamten Regierungskommiſſion abgehalten. Er-
klärt wird, daß die Arbeiter und Angeſtellten ſich
gegen Lohn- und Cehaltsabbau mit den letten
gewerkſchaftlichen Mitteln zur Wehr ſetzen würden.
Der Bürgermeiſtereirat Völklingen
nimmt zur drohenden Kataſtrophe im ſaarländi-
ſchen Wirtſchaftlsleben Stellung und bittet, nach
Mögiichkeit von Entlaſſungen abzuſehen oder auf
fremde Arbeiter zu beschrünken. Erklärt wird,
daß der Abbau der Löhne untragbar ſei, da die
jetzigen zur Beſtreitung eines Exiſtenzminimums
kaum ausreichten.
. Februar: Die Preſſe macht darauf aufmerkſam,
daß das Mitglied der Regierungskommiſssion, der
Belgier Lambert, ein verhaßter Deut9ſchenfeind,
nun sieben Iahre im Amte ſei, obwohl nur fünf
Iahre als höchſte zuläſſige Dauer dieſes Amtes
vom Völkerbund feſtgelegt worden iſt. Im Amte
ſind gegenwärtig die deutſchfeindliche Majorität
Morize, Franzoſe (ſeit 1. April 1926), Deszenſki,
Tſchechoſlowak (seit 30. September 1924) und
Lambert, Belgier (seit 13. Februar 1920). Die
ais rrirküiche Treuhänder von der Bevölkerung
errpfundenen sind Stephens, Kanadier (eit
29. Oktober 1923) und Koßmann, Deut9ſcher (seit
15. März 1924).
11.
Februar: Durch den Terrorismus der Kommu-
niſten wurde jede erſpriezliche Arbeit im Dud-
weiler Gemeinderat unmöglich. Er wird durch
Regierungsverfügung auſgelöſt. Neuwahl inner-
hald ſechs Monaten.
12. Februar: Kus Elversberg wird gemeldet, daß die
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franzöjiſche Grubenverwaltung, Besitzerin des alten
Schlafhauſes, in dem sich 12 deutſche Schul-
klaſſen befinden, der Gemeinde ſämtliche Säle
zum 1. Mürz gekündigt habe. Die evgl. Schwestern
will man noch in dem Hauſe ein Jahr wohnen
laſſen, wenn 3000 Fr. Miete im voraus bezahlt
werden. Ueber das Vorgehen der Grube ſtarke
Erregung in der Gemeinde.
. Februar: Saarlouis verzeichnet Anfang Februar
17 043 Perſonen. –~ Nach Preſſemeldungen hat
St. Ingbert das ſtädtiſche Wohnungsamt aufe. _
gehoben, da es längſt keinen praktktiſchen Wert
mehr habe.
i6. Februar: Zu der Lohn- und Tarifkündigung in
der Saarinduſtrie weiſt die Preſſe auch auf die
unheilvollen Folgen dieſer Maßnahme für den
gesamten ſaarländiſchen Innenmarkt hin. Das
Saargebiet beschäftige 200 000 Arbeiter und An-
geſtellie einſchließlich der Iugendlichen, die monat-
lich 180-190 Millionen Franken verdienen. Jeder
Prozenlſat Derluſt an dieſem Einkommen bedeute
eine große Derminderung der Kaufkraft.
. Februar: Die Presse rechnet wieder einmal ſcharf
mit der Regierungskommiſſion ab, und zwar mit
deren widerrechtlichen Gepflogenheit, den Haus-
haltsplan des Saargebiets feſtzulegen, ohne vorher
dem Landesrat darüber Mitteilung zu machen.
Ein unhaltbares und völlig ungeſsetzliches Syſtem,
das ohne Kenntnis der Sachlage geeignet iſt, die
Wirtſchaſt durch Steuern zu erdrosſſeln. Das tolle
Steuerabkommen mit den Saargruben müſſe end-
lich gekündigt werden, denn dieſe ungerechte Be-
günſtigung Frantreichs sei ſchuld an der Ueber-
laſtung der übrigen Wirtſchaft.
. Februar: Präſident Stephens reicht in Genf ſeine
Demission ein.
. Februar: Dertreter der politiſchen Parteien und
der Wirtschaft betonen in einer Konferenz zu Ber-
lin, da die politiſche und wirtschaftliqe Lage des
Saargebiets eine beſchleunigte Liquidierung der
Saarfrage erheiſche, ſolle das Gebiet nicht von
einer Kataſtrophe in die andere geraten.
Februar: In Genf trifft der Bericht der Regie-
rungskommiſsſsion ein über die Zurückziehung der
franzöſiſchen Truppen und einen gegen den Der-
ſailer Pakt verſtoßenden ſog. Bahnsſchutz. Die
franzöſiſchen Truppen sollen zurückgezogen und
dafür 800 Mann als internationale Polizeitruppe
von Frantreich geſtellt werden. Im Belieben der
Regierungskommiſſion sol die Heranziehung
von weiteren Truppen liegen. Beibehalten ſoll
werden die jettt ſchon beſtehende Streckenkom-
mission. Unterzeichnet iſt der Dorſchlag von vier
Mitgliedern der Regierungskommiſſion, Koßmann
dagegen.
Februar: Tarifkündigqung im Bergbau, Lohnabbau
um 12 Prozent vom 15. März ab. Zehn Prozent
ſollen vom Lohn abgehalten und zwei Prozent bei
Erhebung der Deputatkohlen herauskommen. Die
Organiſationen lehnen die Forderung ab.
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