Saarkalender kür das Jahr 1928
Saarländiſche Diſteln und Dornen.
„Es handelt sich im Saargebiet um 750 000 Menſchen im Herzen des zivilisierten
Europa, um eine Bevölkerung, von der ich in 3% Jahren meiner Regierungstätigkeit
feſtſtelen muß, daß es eine ordnungsliebende, stolze und eine im höchſten Grade
patriotiſche Bevölkerung iſt.“
Präsident der Regierungskommission Stephens (12. März 1927 im Völkerbundsrat).
„Parteigänger Frankreichs iſt die Mehrheit der Regierungskommission immer noch....
Die Anschauung, als sei das Saargebiet in der Art einer Negerkolonie zu verwalten, muß
endgültig der Vergangenheit angehören. Den Herren, die es angeht, wäre nur anzuraten,
ſich über die Begleitumſtände beim Abgang des Herrn Rault zu unterrichten, um zu der
Erkenntnis zu kommen, daß es in ihrem persönlichen Interesse nützlich iſt, wenn sie bei-
zeiten gehen, ehe sie in der Form wie er „gegangen werden“. Sie sind hier fehl am Platze.“
Abg. W. Sch melzer (,Saarbr. Ztg.“ 1. Jan. 1927).
„Das Saargebiet grüßt das liebe deutsche Vaterland. Zur Grenzmark der Nationen
iſt die Saar geworden. Um die Seele seiner Kinder rangen und ringen Völker. Da haben
wir Grenzlanddeutſche fühlen und empfinden gelernt, was Vaterlandsliebe heißt. Aus
der Not geboren, entflammt in heiliger Begeiſterung, haben wir allen Lockungen und
Versprechungen, allen Drohungen und Gewaltakten getrotzt und unserer schwer bedrängten
Saarheimat den Glauben ans deutsche Vaterland erhalten.“
Stadtverordneter Pfarrer Dr. Schlich (15. Auguſt 1926,
Kölner Tagung der Saarvereine).
„Leider werden unsere Wünsche in der Frage des Zollwesens durch noch so günſtige
vertragliche Regelungen zwischen Deutschland und Frankreich nicht reſtlos befriedigt,
wenn nicht auch die Handhabung des Zollregimes durch die französischen Zollbehörden
denſelben Geist wirtschaftlicher Versöhnung und wirtschaftlicher Einsicht aufweist. Die
französiſchen Zollbehörden scheinen dem Grundsatz zu huldigen „La dovuane pour la
douane“, d. h. das Zollwesen ist da, damit eine Zollbehörde exiſtenzberechtigt ist. Sie soll
aber lediglich Dienerin der Wirtschaft sein und sich im Saargebiet klar sein, daß sie hier
in erster Linie der saarländischen Wirtschaft zu dienen hat.“
Ger.-Ass. Alb. Lü tk e, Syndikus der Handelskammer Saarbrücken
(„Saarbr. Ztg.“ 1. Jan. 1917).
„Briand hat erklärt, Frankreich habe sich die volle Achtung der Bevölkerung des
Saargebiets zu erwerben verstanden. . . . Herr Briand irrt sich, er scheint die Quälereien
nicht zu kennen, denen die Saarbevölkerung seit Jahr und Tag durch die französische
Zollverwaltung ausgesetzt iſt. Und die Stimmung, die sich als Folge hiervon in der
Bevölkerung, insbesondere in der Wirtſchaft, entwickelt hat, iſt alles andere, als freund-
lich und friedlich. Wenn irgend etwas geeignet iſt, die Achtung Frankreichs in der Saar-
bevölkerung auf ein Mindestmaß herabzudrücken, so iſt es das Vorgehen der Zollverwal-
tung, die mit einer in Frankreich nicht gekannten Schärfe ihre Beſtimmungen anwendet,
um die Wirtschaft und die Bevölkerung zu ſchikanieren. . . . Leute, die täglich mit dem
Zoil zu tun haben, sind zu der Auffassung gekommen, daß man in der ganzen Art und
Weiſe der Erledigung der Abfertigung eine bewußte provokatoriſche Verschleppung er-
blicken muß, die sich gegen die Einfuhr deutscher Waren richtet.“
Abg. Sch m elz er (Landesratssſitzung v. 16. Dez. 1926).
„Selten iſt ein Gebiet so zum Opfer politiſcher Maßnahmen geworden, wie unser
Saargebiet. Seit bald 10 Jahren keine Möglichkeit ruhiger Entwicklung, ein stetes Auf
und Ab, ein Balancieren auf dem schwankenden Seil der Währung, ein Umstellen von
einem Markt zum anderen, ein Fallen aus einer Kriſis in die andere, von der Mark-
inflation zur Frankeninflation und aus dieser in die Deflationskrisis, in der wir uns
heute befinden. Daneben Maßnahmen auf dem Rohſtoffmarkt, zumal dem Kohlenmarkt,
di. jedem volkswirtschaftlich Geſchulten als Hohn auf eine natürliche Entwicklung der
Dinge erſcheinen müssen.“
Dr. Max v. Vopelius (Tagung der Wirtschaftsverbände 7. Dez. 1926).
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