Saarkalender für das Jahr 1927.
nit in die Schann kumnit.*‘ Aber Peter
war unerbittlich. „Was es sich ingebrockt
hat, kanns ach ausfreſſe. Ich hann mei
letſcht Wort geschwetzt.“
Dabei blieb es und man kann nicht be-
haupten, daß es von dieser Zeit an noch
gemütlich im Hauſe war.
Als dann im Herbſt ein niedlicher kleiner
Junge auf der Bildfläche crſchien, traf man
Mutter Müller oft in Tränen. Und Peter
ſchielte häufig seitwärts nach der Wiege,
in der auch ſeine elf Flachsköpfe gelegen
hatten. Jetzt lag der früher so heiß er-:
ſchnte Junge darin. Ja, ater unter was
für Umständen! Als er aver seine Frau
eines Tages wieder in Tränen fand, fuhr
er sie barſch an: „Wann nch jetzt nur e
mol wißt, vor was Du iminec am Brillen
biſcht, ſo ebbes is ſchun bei ganz annere
Leit pasſiert. Un zu Fsse kama jo ach nuch
for das Kind.“
„Dch“, schluchzte die Frau, „weje dem
Kind dät ich mich jo nit vÄ.reiße, aber 1ch
muß nur immer dran de.nke, wie ma ſich
noher mit dem arme Wirmche versſtännige
soll. Vun uns kann jo niemand fran-
sösiſch.“
Donnerwetter! Peter ließ beinahe die
Pfeife aus dem Mund fallen, – daran
hatte er noch gar nicht g dacht. Er kratzte
ſich verlegen hinter rem Ohr und ging
ban mit undeutlichem Gebrumm aus der
Stube.
Eine ganze Woche sprach er kein Wort.
Dann nahm er ſich Berta bei Seite und
sagte: „Wann Dei Franzos Deich noch mill,
dann kannſchde ne in Bottes Name bring...
Aener muß doch ſchließlich do sin, wo mit
dem arme Kind ſchwätze kann.“
Und so hat Berta ihren Mann bekom-
men, die Liebe besiegte drin Hagß.
Die Nebenbeſchäftigung.
Erlebniſſe eines Pechvogels.
Von R. Sarg, Saarbrücken 5, Wilhelmſtr. 6.
Als sich die Zeiten gar nicht meyr
beſſern wollten, nahm mich meine Frau
auf die Seite, räuſperte sich energiſch und
sagte: „Mann, es kann alles nix helfe,
Du mußt Dir noch e Newebeſchäftigung
ſuche!n Du wilscht doch nit, daß Der
ßqtilie in Lumpe erum laafe duht?!
o!“ WV
In diesen kritischen Tagen fand ich 1in
der „Saarbrücker Zeitung“ eine Anzeige,
die ungefähr folgenden Inhalt hatte: Der
Verlag Gebr. Hofer sucht für den Saar-
kalender humoristische Beiträge gegen gute
Bezahlung. :
„Das wär so e Beſchäftigung fir Dich.
meinte Frieda mit ſpöttiſchem Naser
zwinkern, „zum Hungerkinſchdler haſchd-
ja doch kä Talent, un ebbes Dummes zu
ſchreiwe, dirft gerade Dir nit allzu schwer
falle!‘ ~ Ich ließ meine Bruſt zu einer
heroiſchen Wölbung anschwellen und rief
mit erregt zitternder Stimme: „Gut! Im
Interesſſe einer lumpenfreien Familie
werde ich das Hekatomben-Opfer bringen
und mich kopfüber in das kühle Reich der
pontica humoris hinabsſtürzen. Aber, daß
mir niemand vorher ebbes davon erfährt!
Verſtanne!“ ~
Am nächſten Vormittag wußte es be-
reils unsre Zweit-Stock-Bewohnerin, Frau
Schwenkeimer. – Die hat auch einen
Nebenberuf: Klatſchbaſe en gros. – Nach
8 Tagen war die ganze Straße orientiert
(natürlich falſch!)) und alle waren ſich in
dem gleichen Wunsche einigc: „Wenn er
sich nur grindlich blamiere duht, der Narr,
der ingebildete!l‘ h – –
Im Hauptberuf bin ich tugendsamer Be-
sizer eines Zigarrengeſchäftes. Deshalb
haben mir meine Freunde den Spitznamen
„Tuwakſchpinner“ beigelegt. Der Laden
iſt allerdings sehr klein, aber in ihm
spiegeln sich alle großen Ereignisse des
Saargebiets en detail wider: ,„Wirtſchaft-
licher Niedergang“ – g, Zollabschnürung“
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