Saarkalender für das Jahr 1927.
war, Rault auf Bitten Hectors beim General-
ſtaatsanwale. Ein ſtellung . des. Ver-
f a h r e n s ervirkte.
Der geſchichtlich bedeutſame Brief hat folgenden
Wortlaut:
„Saarbrücken, den 11. April 1923.
Mein lieber Kollege!
In Beantwortung Ihres gefälligen Schreibens
teile ich Ihnen ergebenſt mit, daß der Herr Iuſtiz-
miniſter den Generalſtaatsanwalt dahin verſtändigt
hat, daß die Einleitung eines Derfahrens gegen
Sie nicht angezeigt erſcheint. Ich freue mich,
Ihnen mitteilen zu können, daß hiernach weder
für Sie noch für Ihre Familie ein Grund zur
Beunruhigung beſteht.
Sie können ferner überzeugt ſein, daß ich mich
nach Kräften bemühen werde, Ihnen aus der
ſchwierigen Lage zu helfen, in welcher Sie ſich
befinden."
- Die „Saarbrücker Zeitung“ bemerkt dazu u. a.:
„Vir verlangen eine JIuſtiz, bei der es unmöglich
iſt, daß ſolche Briefe wie der des Präſidenten
Rault geschrieben werden können.“
. September: Dudweiler beſchließt die Aufstellung
eines Kriegerdenkmals. Gewählt wird der Ent-
wurf des Saarbrücker Bildhauers Aug. Kuhn.
. September: Zur S e p te m b er t a g un g d e s
D öl k er b un d e s hat ſich eine ſsaarlundiſche
Delegation nach Genf begeben, der von ſeiten der
Deutſch-Saarländiſchen Volkspartei die Herren Dr.
Röchling und Bauer angehören. Die Delegation
sprach bei verſchiedenen Ratsmitgliedern vor und
ſtellte u. a. folgende Forderungen: Erweiterung
der Rechte des Landesrats (Initiativrecht, Immu-
nität der Abgeordneten, Ausdehnung des paſſiven
Wahlrechts). Zurückziehung der franzöſiſchen Poli-
zei. Jährlicher Turnus für den Präſidenten der
Regierungskommiſssion. Verbeſſerung der Sozial-
verſicherung. Erhöhung der Löhne und Gehälter
der Staatsarbeiter und Staatsbeamten.
Deutſch-Saarländiſche Dolkspartei und Zentrum
veröffentlichen eine Denkſchrift an den Dölker-
bund über die S o z i a lv er ſi < e r un g im
Saargebiet und verlangen, daß die Leiſtungen der
Sozialverſicherung denen des Dentſchen KReiches
angegliedert werden oder ein Rückanſchluß der
ſaarländiſchen Sozialverſicherunn an die des
Deutſchen Reiches erfolgt.
. September: Ein gewisſer Fuchs, dem unter dem
Namen Künzelmann der Präſident eine Unter-
redung gewährt hatte, auf die der „Neue Saar-
kurier“, ſcwie einige ausländiſche Zeitungen her-
einfielen, wird in Püttlingen als H o ch ſta p l e r
entlarvt und verhaftet.
9. September: Veröffentlicht wird eine Denkſchrift
der Beamten des Saargebiets an den Dölkerbunds-
_ rat. Gefordert wird, die Regierungskommiſsion
anzuhalten, ihr Wort zu halten und die auch das
Gesetz begründete Pflicht zu erfüllen, die Gehälter
der übernommenen deutſchen Beamten denen des
Reiches agleichzuſtellen.
Die Bürgermeiſterei Brebach zählt am 1. Sep-
tember 20 910 Einwohner (11 243 männliche, 9676
_ weibliche).
Die Bürgermeiſterei Uchtelfangen zählt am
1. September 18 177 Einwohner (8805 männlich,
9372 weiblich).
Am
. September:
Die Bürgermeiſterei Püttlingen zählt am 1. Sep-
vyher. 440 Einwohner (9720 männlich, 9725
. September: Infolge der durch franzöſſiſchen Raub-
bau entſtandenen Grubenſchäden ſtürzt in Schnap-
pach das Schulhaus ein. Ein Arbeiter verſchüttet,
mußte ſchwerverlezt ins Krankenhaus transpor-
tiert werden.
Herr Rault macht in Genf Propa-
ganda, zu seinem Nachfolger das tſchechiſche Re-
gierungsmitglied Herrn D e s z e n s k y wählen zu
laſſen, deſſen „Neutralität“ allen Saargebiets-
bewohnern hinlänglich bekannt iſt.
. September: Glänzend verlaufener Südweſtdeutſcher
Heimattag in Karlsruhe.
Das erſte Denkmal , Deutſchlands erſtem Präfi-
denten, Fritz Ebert“, wird feierlich im Walde bei
Herrenſohr eingeweiht. Reichstagspräſident Loebe
hält die Weiherede.
Der Alt-Saarbrücker Kriegerverein (i. I. 1874
gegründet) wird auf's neue ins Leben gerufen
als Vereinigung ehem. deutſcher Soldaten in
Groß-Saarbrücken.
. September: Auf dem Südweſtdeutſchen Heimattag
in Karlsruhe beteiligten ſich über 500 Saarländer.
Der badiſche Staatspräſident H e l p a < ſagte in
ſeiner ſehr beachtenswerten Rede u. a.: Es ſind
Saardeutſche heute unter uns und man frage ſie,
wie der D öl k er b un d, dieſes angebliche Reich
Gottes auf Erden, ihren He i m a t ſ i n n reſpek-
tiert hat! AIs Sprecher des Saargebietes trat
Herr Pfarrer H a Il k e - Saarbrücken auf. Es ſei
hier nur an sein Wort erinnert: „Erſt wenn ein
koſtbares Gut in Gefahr iſt, verloren zu gehen,
dann weiß man ersſt, wie wertvoll dieſes Gut iſt.
Darum hängen wir Saarländer doppelt treu und
doppelt feſt am deutſchen Wort und das deutſche
Lied iſt uns gleichbedeutend mit deutſcher Geſin-
nung, mit deutſcher Art und deutſcher Sitte.“
„Die zweite Aufgabe im Saargebiet iſt, Augen
und Ohren offenzuhalten und ein feines Unter-
ſcheidungsvermögen zu beſizen für alles, was
falſch und unecht und fremdländiſch und für das,
was wahr und echt und deutſch iſt.“
. September: Eine Gewerkſchaftsdelegation (Kimm-
riz und Hildenhrand) reiſt nach Genf. Derlangt
wird Ausbau der Sozialverſicherung, Wiederan-
ſchluß an die Verſicherungsträger im Reich und
Einführung der deut]chen Nachkriegsgeſeßze über
Tarif-, Koalitionsrecht, Betriebsräte-Schlichtungs-
wesen uſw., um in ſozialpolitiſcher und arbeits-
rechtlicher Hinſicht Hilfe zu ſchaffen.
16. September veröffentlicht das franzöſiſche
„Journal official‘. ein Dekret, wonach Herr
Wim m er, bisher KRichter am Kantanal
Tribunal in Forbach, ab 1. Oktober 1925 der
Regierungskommission zur Verfügung ſteht. So
wird das Saargebiet nach wie vor mit franzö-
ſiſchen Beamten ,,beglückt“.
. und 20. September beging der D. H. D. sein
25jähriges Beſtehen im Saargebiet unter zahl-
reicher Beteiligung der Reichsorganiſation. Herr
Miniſter K o ß m an n drückte seine Freude -
darüber aus, daß die kommende Arbeitskammer
auch die geſamte Angeſtelltenſchaft umfaſsen werde,
und hofft durch die Teilnahme aller ſchöpfenden
Kräfte einen reichen Segen für alle Stände.
155