Saarkalender für das Jahr 1927.
Rleinigkeiten, die viele nicht wiſſen.
Der hiſtoriſche Rathausſaal am Schloßplatz birgt u. a. auch eine Erinnerung an Viktor
v. Sch ef f e l, deſſen 100. Geburtstag vor kurzem gefeiert worden iſt. AIs Inſchrift für das
Wernerſche Deckengemälde dichtete Scheffel die Seilen :
Erweckt durch Blitz und Kampfgefahr
Und treuer deutſcher Helden Tod
Sah siegreich hier den Kaiseraar
Des Reiches blutig Morgenrot.
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Auf sonderbare Art hat ſich Anton v. Werner auf einem Bilde im gleichen Saale verewigt.
Nachdem die Berliner Stellen für allzu naturalistische Darſtellung des rau ch e n d e n Siegers
von Wörth kein Verständnis zeigten, malte Werner die nicht gebilligte, aber ſeiner Auffassung
nach zu Kronprinz Friedrich gehörige Zigarre als „weggeworfen“ in die linke Ecke des Bildes.
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Wer hat die Saarbrücker Denkmäler erſchaffen? Bismarck-Denkmal und Kaiser-Wilhelm-
Denkmal ſind Schöpfungen D onn d orf s, der auch einige Figuren des Wormſer Luther-Denk-
mals modellierte. Das Ulanen-Denkmal erſchuf Profesſſor Klimſch. Der von den St. Johanner
Stadtverordneten im Jahre 1902 ihrer Stadt geſchenkte Telemach-Brunnen iſt ein Werk des
Bildhauers Kauer-Berlin. Der Altteil des Rathausbaues iſt eine vereinfachte Nachbildung des
Münchener Rathauſes. Beide erſchuf Profeſſor Hauberiſſer-München.
Bei den Gardepionieren ]833.
Brief des Einjährig-Freiwilligen im Garde-Pionier-Bataillon, Alexander Bauer, an seinen Vater, den König-
lichen Oberförſter Iakob Bauer, „Saarbrücken, Wilhelm-Heinrichſtraße.
s ier Berlin, den 16. November 1833.
Liebſtes Däterchen!
Durch die Monorationen auf der Universität ſowie die für den Privatdozenten iſt ein ziemlicher Theil des
Wechſels verſchwunden; ich habe noch 5C Rs zu empfangen. So groß auch die Summe des verbrauchten
Geldes ſein mag,. so kann ich Sie doch verſichern, daß hierbei noch für keinen Silbergroſchen unnötige Aus-
gaben ſind; ich weiß, daß ich nur das Kllernotwendigſte zu berückſichtigen habe. Die Ausgaben ſind, obwohl
ſehr vermindert, doch jetzt noch ſo groß, daß ich manchmal darüber verzweifeln möchte. Doch ich ſpare, wo ich
kann, die Herren Böcking und Hild werden Ihnen ſpäterhin dieſes bezeugen können. Ich werde höchſtens
bis Ianuar an dieser Summe genug haben, da ich auch noch für diesen Monat das Logis, Wache, Burſchen
und Restauration von dieſem bezahlen muß.
Heute werde ich 19 Iahre alt, meinen nächſten Geburtstag hoffe ich in Saarbrücken zu erleben und
Mutti dieſer verdammten Sandſtadt, wo jeder nur haben will. Im Ianuar iſt die Hälfte meiner Dienſt-
Es iſt ungemein kalt hier und ich wünſche mich oft an unsere Oefen, hier koſtet das wenige Einheitzen,
was den Ofen kaum warm macht, 21-4 Sgr. für jede Hitze.
Tauſendmal küſſe und drücke ich mein liebes Däterchen, Lina und Louis. §. Büuer
Der damalige Garde-Pionier war ſpäter Bergwerksdirektor in Saarbrücken. 1864 leitete er die Rettungs-
arbeiten bei dem Grubenunglück in Reden und am 24. November 1867 ereilte ihn mit 12 Beamten und Berg-
leuten das Bergmannslos auf der Grube Griesborn. (S. „Saarbr. Zeitung“ vom 28. 11. 1867.) U. W.
Zum Nachdenken.
Die Sprache iſt das festeſte Einigungsmittel eines
Volkes; in ihr ſind alle ſeine geiſtigen und ſeeliſchen
höchſten Güter aufbewahrt; in ihr wird das, was die
Däter geleiſtet haben, den Kindern weitergegeben:
Kunst, Wiſſenſchaft, Ceben schaffen ſich in ihr den
ſtarken bleibenden Ausdruck. Wenn ein unglück-
licher Krieg ein Dolk zwingen würde, ſein Land zu
verlaſſen und ſich in fremden Gegenden ein neues
Daterland zu ſchaffen, würde die S pr a < e allein
dies Dolk auch im anderen Lande z u ſ am m e n -
h a lt en, ſodaß es nie aufhören würde, ein einiges,
in sich geſchloſſenes, von den andern Völkern unter-
ſchiedenes Ganzes zu sein. D i e S pr ach e i ſt e in
n o < v i e l ſt är k er es Ban d als L an d u n d
St a a t. (Wilh. v. Scholtz.)
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