Saarkalender für das Jahr 1927.
Ein bisher unbekanntes, hiſtoriſch wertvolles Dokument
der Bürgerſchaft von Baarbrücken.
Von A. Z.
Der Saarkalender iſt in der Lage, im
Faksimiledruck ein bisher völlig unbekann-
tes, hiſtoriſch wertvolles Dokument der
Bürger Saarbrückens zu veröffentlichen,
das durch seinen Inhalt heute einem ganz
b; ſonderen Intereſſe begegnen dürfte.
Mündliche Ueberlieferungen aus den viel-
fachen Notzeiten unseres Grenzlandes
leben noch im Saarvolk, finden aber
nmeiſtens wenig Beachtung, obwohl sie oft
genug, wenn der Zufall eine klare Nach-
prüfung gestattet, auf Wahrheit beruhen.
Hier ein bezeichnendes Beispiel. Bei dem
Präsſidentenwechsel in der bunten Völker-
bundsregierung haben Landesrat und
Presse in voller Uebereinstimmung mit der
S c MWh
lich ein Enoe nehmen mit der unnötigen
Besetzung der bestbesoldeten und einfluß-
reichen Beamtenstellen durch Franzosen,
die nicht das geringste Interesse für das
Wohl des Landes besitzen, noch bekunden.
Sie verfolgen hier nur, mehr oder weniger
fler. Frerltrelds politizate tiele. uwy.ſun
in ihrem Mutterlande niemals wintken:.
Was diese Herrſchaften mit ihrem Ober-
meister und Chordirigenten geleiſtet haben,
darüber herrſcht nur eine Stimme der
Verurteilunn. Sie waren die intimen
Helfershelfer des unseligen Rault. Kein
Wunder, daß ,s ch on die bloß e Ge -
genwart unter uns von Men-
ſchen, die uns nur böses wollen,
eine Prüfung der Duldsamkeit
it. und p ér Pre en ri eu
ferneren Anstellung, wodurch
die Eintracht, die Ruhe und der
Fro hſinn so allgemein geſtörl|
wur d e“.
Kann man das heutige Verhältnis zu
den franzöſiſchen Beamten besser aus-
drücken, als es hier in der Eingabe vom
25. November 1815 geschehen ist! Bei einer
Besprechung der Stellungnahme der Saar-
bevölkerung gegenüber den französischen
Beamten hörte ich mehrmals von alten
Saarbrückern, daß nach Erzählungen in
ihren Familien dasselbe Verlangen, wie
es heute mit vollem Rechte gestellt wird,
auch 1815 in einer Eingabe an Preußen
aum Ausdruck gekommen sei, als es hieß.
die Motten aus dem Pelze zu klopfen.
Eine schriftliche Andeutung fand sich bishcr
dorüber nicht. umsomehr dürfen wir allc
erfreut sein, daß es bei den Nachforschungen
in dieser Sache gelang, ein Dokument ans
Licht zu ziehen, das in seinem Kernpunkt,
ohne ein Wort zu ändern, heute an den
Pötherbund nach Genf gerichtet werden
önnte.
Die vorliegende fakſimilierte Eingabe
vom 25. November 1815 iſt an den edlen,
hilfereihen Freund des Saargebiets,
Fürsten v. Hardenberg, gerichtet und mit
het Unterzeichnung von 146 Namen dbùbe-
zuäftigt.
Damals wie heute: Unter fremder Ge-
walt fühlen sich die Saarländer wie , Ver-
lasſſjene“, dann aber nach der Befreiung sind
alle „von heißem Dankgefühl durch-
urungen“. Und mit ſchlagenden Worten
heißt es, wie wir es auch einst sagen
werden: „N ach d em lang en Stur me,
wo das allgemeine un d beson-
dere Intkreſſe fo gewaltſam
bewegt und j e dees vormalige
Verhältnis von Grun d aus ent-
s< üttert wurde, iſt in den Her-
zen nur Raum für den einzigen
Wunsch eines dauernden fried-
lichen Zustand es unter deut-
ſcher Herrſchaft.“
Worte folgen, die auf das DMißpver-
gnügen unserer Tage nicht besser geprägt
werden können. In wenig Zeilen ist de-
deutſam unserem Empfinden beredt Aus-
druck gegeben, wenn es heißt: „In diesem
Wunſche iſt der mit einbegriffen, den die
Unterzeichnelen Ew. Hochfürſtlichen Durch-
laucht unterthänigſt auszudrücken wagen:
„Entfernung. derFrangoſen. von
den. öffentlichen Stellen : und
Aemtern, und Anſtellung be-
währter t tutſcher Männer."
Dokumente wie das vorliegende ſollen
und müssen in jeder ſaarländiſchen Fami-
lie zu wertvollen Erbſtücken aus der
ollen, tapſeren Väterzeit treu bewahrl
werden. Auch wir werden den deutſchen
Ehrenſchild fleckenrein unsern Nachkommen
überliefern, daß einst in glücklichen Zeiten
des Saartals Enkel stolz rühmen dürfen:
j 2209! dem, der seiner Väter gern ge-
denkt!“
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