Saarkalender für das Jahr 1926 .
nahm die französiſche Regierung die Ueberfahrtsgerechtigkeit auf allen schiffbaren Flüssen
in Anspruch und verpachtete die Fähre für 500 Taler. Von der preußischen Regierung
erhielt die Gemeinde Wehrden im Jahre 1821 die Vergünstigung der freien Ueberfahrt,
woſür von jeder Haushaltung jährlich fünf Silbergroſchen erhoben wurden.
Durch die Entwickelung der an die Saar angrenzenden Dörfer, die Industrie der
Umgegend, besonders des Kohlenbergbaues, zeigte sich mehr und mehr die Rotwendigkeit
eines feſten Verbindungsweges zwiſchen Wehrden und Völklingen. Auf Koſten der
inleresſierten Gemeinden Völklingen, Wehrden und Geislautern (hier war besonders
dic Abteilung Geislautern des Dillinger Eiſenhüttenwerkes interessiert) begann man im
Tahre 1867 den Bau einer feſten Brücke über die Saar, die zwei Jahre später, am
4 Januar 1869, in feierlicher Weiſe dem allgemeinen Verkehr übergeben wurde. An
diesem Tage stellte denn auch die denkwürdige Fähre ihren Betrieb ein.
Die erſte Eiſenhütte im Sa arg ebi et. Wandern wir auf der alten Heer-
straße roſſelaufwärts, ſo kommen wir nach Geislautern, deſſen Eiſenhütteninduſtrie und
Kohlenbergbau ausgangs des Mittelalters erwähnenswert sind. Die älteste Belehnungs-
urkunde über die Eiſ enh ütte Geislaul ern datiert vom 29. 12. 1572. Pächter,
die in dieſer Gegend Eisſsenerze gefunden hatten, erhielten im Jahre 1572 von dem
damaligen Nassau-Saarbrücker Grafen Johann IV. (1554-1572) die Erlaubnis, gegen
die ublichen Abgaben auch in Geislautern (neben anderen Orten) nach Erzen zu graben
und in der Grafschaft Hammer- und Schmelzwerke anzulegen. Einerseits das sich bald
zeigende ſpärliche Vorkommen der Erze, andererſeits die zu kurz bemesſene Pachtfriſt
vun ſünf Jahren mußte ein vorteilhaftes Reſultat für die Pächter zweifellos in Frage
stellen. Johanns IV. Nachfolger, Philipp III. (1574-1602), dem die Hebung und
Förderung der nun einmal begründeten Induſtrie in ſeinem Lande nicht gleichgültig war,
juchte nach Möglichkeit dem sich einstellenden Erzmangel abzuhelfen. Er trat mit dem
Herzoge von Lothringen in Verhandlungen und erreichte im Jahre 1581, daß erforder-
lichen Falles die fehlenden Erzmengen zum Weiterbetrieb der Eisenhütte von Dillingen
bezogen werden konnten. Weiter gestattete er im Jahre 1585 zwei Heidelberger Bürgern,
an der Rossel bei Geislautern eine Eisenhütte mit Schmelze, Pochwerk und Schmiede
zu errichten. Gegen Entrichtung des Zehnten ſollten sie dieſelbe auf die Dauer von
20 Jahren betreiben dürfen; auch sie erhielten das Recht, notwendigen Falles ihren
Erzbeſtand durch Bezug von Dillingen zu ergänzen. Dieses Unternehmen in Geislautern
ſuchte der Graf in jeder Hinsicht zu fördern; er ließ den Pächtern Land, Holz, Bau-
mialerialien nebſt einigen Morgen Wald kostenlos überweisen mit dem Rechte, nach
Erzen zu graben, wo ſsie sich fänden; natürlich mußten sie sich mit den Eigentümern der
Crundſtücke, auf denen sie Erze fanden, vorerſt auseinanderſetzen. Bei dieſen Ver-
gunsligungen entfaltete die Hütte bald einen rentablen Betrieb. Man fabrizierte eiſerne
Oefen und Töpfe in Lehmguß, Schmiedeeisen in Stangen und Platten.
Das Werk wurde nach dem Ablauf der erſten Pachtfriſt von 20 Jahren im Jahre 1605
Aan zwei Metzer Bürger Nikolaus Unbehendts und Rupert Maupassant gegen einen jähr-
lichen Zins von 300 Gulden (für jeden weiteren Schmelzofen 50 Gulden mehr) auf
2 Jahre verpachtet; zugleich erhielten die neuen Beständer (Pächter) die Zusicherung,
daß kein weiteres Eiſenwerk in der Grafschaft errichtet und das Eisen zollfrei verkauft
werden dürfte. Es iſt bekannt, daß die Eiseninduſtrie in dieſer Zeit einen bedeutenden
Aufschwung nahm, so daß von 1621 ab die Pachtgelder für die Geislauterner Eiſenhütte
1600 Gulden betragen; jedoch wurde diese Summe vier Jahre ſpäter auf die Beſchwerde
der Pächler auf 1000 Gulden herabgesetzt. Der Hüttenbetrieb war etwas erlahmt, weil
das Vorkommen der örtlichen Erze immer geringer wurde und die Eisenerzeinfuhr von
Diedenhofen her mit zu hohen Unkoſten verbunden war.
Nun kam der unfelige 30jährige Krieg, der die Stillegung der Eiſenhütte im Gefolge
halle. Faſt hundert Jahre vergingen, ehe das Werk wieder in Betrieb genommen wurde.
Nach der Wiederinbetriebnahme in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts ſcheint es
duch gleich wieder zu hoher Blüte gelangt zu sein; es iſt dies daraus zu entnehmen,
daß der Hüttenſchreiber Gottfried Röchling sich in einem Berichte vom Jahre 1734 dahin
äußert, „daß die verschiedenen Schmelzen der Grafschaft, unter anderen auch die zu
Geislautern, der Schmelze im Quierschieder Walde großen Abbruch täten, daß ſie die
ſanitti.hen Kunden anziehen würden durch bedeutend billigere Abgabe der Hütten-
produkte.“
Unter Fürſt Wilhelm Heinrich nahm die Induſtrie im allgemeinen einen mächtigen
Aufschwung. Das Werk wurde an einen gewissen Joſeph Olry aus Metz verpachiet,
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