Saarkalender für das Jahr 1926
Wie die alten Erinnerungen auftauchten, dafür möchte ich hier nur ein Beispiel aus
dem Briefe eines Landsmannes anführen. „Ich sſtamme aus der Neuntkirchener Gegend
und erlernte bei meinem Vater das Malerhandwerk. An Sonntagen fuhren wir ſchon
früh nach Saarbrücken, und ich mußte dort den Bildhauerſchmuck der Ludwigsktkirche
zcichnen. 40 Jahre bin ich in Ch. und övereits Großvater. Durch Zufall kam der Saar-
kalender mit dem Bild der Ludwigskirche in meine Hände. Eltern und Heimal, alles lebte
da wieder auf. Ich las immer wieder das Buch,. erzählte meiner Familie von Euch allen
und Eurer Treue. Als dann eine Enkelin mir zu Liebe ein deutſches Lied einübte und
f! Weiynazhtsſeſte. P sang, weinte ich vor Sehnſucht nach der Heimat. Ich komme, ich
omme ganz beſtimmt.'
Ich schließe mit der Stelle eines Briefes aus St. L., in der es heißt: „Haltet feſt am
Deutſchtum, ich bringe dem treuen Saarland mein volles Glas, denn Sie dürfen nicht
glauben, daß wir hier in der Tat ein tirockenes Land sind. Es wird hier ebensoviel ge-
trunken, wie sonstwo in der Welt. Auf deine baldige Freiheit, du ſchönes Saarrevier!“
Aus Argentinien, Südafrika, vereinzelt selbſt aus Indien, China und den Sundainſ.eln
meldeten sich die Kinder unseres Landes. Alle Briefe leuchten in Glück und Freude über
die deutsche Haltung der Bevölkerung. Viele zitieren aus den Gedichten des Saar-
kalenders, aus jeder Zeile spricht der Stolz über uns und der Haß gegen Franktreich,
das wieder einmal großes Unheil über ein fleißiges deutsches Völkchen durch eine Ge-
ſchichtslige heraufbeschworen.
Die fernen Landsleute dürfen sich verſichert halten, daß hier der Geiſt der Väter in
den Enkeln fortlebt und die Hoffnung, daß Recht und Gerechtigkeit uns zurückführen
werden zu unseren deutſchen Brüdern. Ich glaube gewiß im Sinne des geſamten Saar-
tales zu handeln, wenn der Saarkalender den Lieben, Getreuen in der weiten Welt
den Dank und deutschen Gruß der Saarbevölkerung hiermit zuſendet. Teilnahme tut
wohl, das alte Grenzland hat sie verdient; das Band, das uns verbindet, iſt heilig und
;Lird von keinem Sturm verweht.
Vom SBeparantismus an der Baar.
Mit dem blöden Schlagwort „Das Saarland den Saarländern“ ging man 1923, er-
munitert durch die Ereignisse in der Rhyeinprovinz und der Pfalz, auch im Saargebiet
auf den Gimpelfang und wußte eine Anzahl wurgzelloſer Geſtalten durch Verſprechungen
aller Art und Geld zu ködern. Jubelhymnen wurden angestimmt über das „unerwartet
machtvolle Anwachſen der ſsaarländiſchen Selbständigkeits-Bewegung“. Vor der Landes-
ratswahl 1924 veränderte man das Firmenſchild „Saarbund“ in den unverburglichen
Namen ,@Saarländiſche Arbeitsgemeinſchaft“ und hoffte hiermit den erſehnlen Erfolg zu
haben. Umsonst! Die Niederlage war blamabel, nicht ein einziges Mandat fiel der
ehrenwerten Gefſellſchaft zu, im Landesrat fand sie keinen Vertreter. Nach dieſem
Reinfall verſuchten die Drahtzieher der Bewegung der verlorenen Sache ein anderes
Relief zu geben. Der „Saar-Kurier“ entdeckte ſein Herz und wandelte sich zum Ver-
künder der Friedensidee mit dem Schlagwort: „Verteidigung des wahren deutschen, vom
Preußentum vergewaltigten Geiſtes im Saargebiet“. Das franzöſiſche Propagandablatt
hatte auch mit dieſer Wandlung kein Glück. Jedermann weiß, wohin eigentlich die
Reise gehen soll bei einem Organ, hinter dem die Franzosen stehen und sich etwas koſten
laſſen. Nur einige deutſche Kaufleute unterſtützten die deutſchfeindliche Arbeit mit
Anzeigen. Alle Bemühungen, den Saarbund auszubauen, blieben vergeblich, wie die
letzte schmachvolle Niederlage am 21. April 1925 zeigte. An jenem Tage wurden auf
den Saargruben die Sicherheitsmänner und Vertrauensmänner für die kommende funf-
jährige Periode gewählt. Bei dieſen Wahlen erhielten:
Verband der Bergarbeiter . ; ; 20 665 201
Chriſtl. Gewerkverein ; : . ; ; 12 720 104
Deutſcher Metallarbeiterverband . ; . ; 550 11
Chriſtl. Metallarbeiterverband ‘ ; ; . 317 3
Saarbund : . ; 68 ~
Besondere kommuniſtiſche Kandidaten . 52 ..
Unsere Bergleute an der Saar, die am allerſchwerſten unter dem Druck der Saarbund-
ſöldlinge leiden mußten, haben mit dieser Wahl den ſchönſten Beweis ihrer Treue und
Standhaftigkeit geliefert und den Verrätern eine Absage erteilt, wie sie eindeutiger nicht
gedacht werden kann.
Die Jahrtauſendfeier, allen Gutgesinnten eine helle Freude, hat den französischen
Quertreibern und ihren bezahlten Söldlingen endgültig gezeigt, daß ihr Verrätertum
hier einen unfruchtbaren Boden gefunden hat und auch in Zukunft finden wird.
78