Saarkalender für das Jahr 1926
19.
20.
25.
27.
. September:
. September:
. September:
. Oktober:
Die von Saarlouis ausgehende Be-
wegung zu einer kraftvollen Behebung der Woh-
nungsnot wird von vielen Gemeinden, u. a. auch
von Homburg aufgenommen. Gefordert wird u.
a. Abbau des franzöſiſchen Militärs, da dieſes zu
viele Wohnungen beanſpruche und vor allem
Wiedereinführung einer gerechten höheren Abgabe
der franzöſiſhen Grubenverwaltung an die
Finanzhauptkaſſe.
. September: Profeſſor Borchard, Dölkerrechtslehrer
an der Yale-Univerſität erklärt die beaannte Der-
ordnung der Regierungskommission über den Be-
ſuch franzöſiſcher Schulen durch deutſche Kinder in
einem Gutachten für rechts- und vertragswidrig.
Landwirtſchaftliche KAusſstelung in
Merzig. Don 188 000 Hektar des Saargebiets Find
114 000 landwirtſchaftlich benutzt. Landwirtſchaft-
liche Betriebe und Nebenbetriebe 45 000, als
Hauptberuf geführt allerdings nur 6000 Betriebe.
Diehbeſtand des Saargebiets 1923: 13 406 Pferde,
70 5356 Rinder, 3153 Schafe, 86 565 Schweine,
79 775 Ziegen, 601 620 Federvieh, 12 579 Bienen-
völker.
Aus Gewerkſchaftskreiſen wird in
der Oeffentlichkeit über die Dermehrung der Un-
fäle auf den Saargruben Klage geführt. Die
Unfallſtatiſtik weiſt eine ſteigende Linie auf. Seit
dem letten Diertel 1923 iſt die Zahl der Unfälle,
die mehr als 4 Wochen Arbeitsunfähigkeit zur
Folge hatten, um 211 gleich 60,4 Prozent ge-
ſtiegen. Tödliche Unfälle pro Quartal durchſchnitt-
lich 17. Präsident Rault wird erſucht, für beſſere
ſzuihatung der bergbaulichen Vorſchriften zu
orgen.
September:
Genf. Kein nennenswertes Reſultat.
September: Südwestdeutscher Heimattag in Karls-
ruhe. Die Saarländer werden feſtlich empfangen
und gefeiert.
September: Der Okberkontrolleur am ſtädtiſchen
Gaswerk Saarbrücken in regneriſcher Nacht von
vier franzöſiſchen Soldaten und franzöſiſchen Zivi-
liſten ohne jeglichen Anlaß überfallen und übel
zugerichtet. Ein weiterer Ueberfall während der
Nachtzeit durch umherſchweifende franzöſiſche Sol-
daten erregt erneute Empörung. Die Preſſe: Wir
ſind neugierig, was die Regierungskommiſqhion
zum Schutze der Bürgerſchaft unternehmen wird?
September: Am 27. und 28. September feierliche
Weihe der neuen St. Michaelskirche auf dem
Rotenberg in Saarbrücken unter Teilnahme des
Biſchofs Dr. Bornewaſſer.
Derhandlungen über Saarfragen in
. September: Zum Nachfolger Eſpinoſa's wird vom
Dölkerbundsrat ernannt der Richter am oberſten
Gerichtshof in Saarlouis Dr. Dezenski aus der
Tſchechoſlowakei. Er erhält das Departement für
Unterricht und Iuſtiz.
Gktober 1924.
. Oktober: Oberregierungsrat Dr. Heim zum |ttell-
vertretenden Staatskommiſſar beim Landesrat er-
annt.
Ueber den Stand der franzöſiſchen
Schulen im Saargebiet im erſten Schulhalbjahr
bringt die „Saarl. Schulzeitung" einen Artikel.
Danach beträgt die Gesamtzahl der die franzö-
ſiſchen Schulen beſuchenden deutschen Kinder 3325.
Im Bericht der Regierungskommiſſion an den
150
Dölkerbund wird für Mitte Mai 1924 die Ge-
ſamtzahl der Schüler deutſcher Nationalität in den
franzöſiſchen Schulen auf 4446 angegeben, darun-
ter allein 3110 Kinder von Grubenbeamten und
Grubenarbeitern. Das Saargebiet zählt im ganzen
112 000 ſchulpflichtige Kinder. Ungefähr 100 fran-
zöſiſche Schulklassen ſind im Oktober vorhanden,
die zum größten Teile vollſtändig überflüſſig ſind
und den Franzoſen große Summen kteoſten.
Dieſe Meldung wird Ende Oktober in der
„Saarl. Schulztg.“ ergänzt. Die drei großen Zen-
tren der franzöſiſchen Schulen ſeien in der Sta-
tiſtik noch nicht aufgenommen. Die franzöſiſche
Schule in Saarbrücken zähle 750 Schüler, davon
zwei Drittel Franzoſen, in Saarlouis 860, davon
die Hälfte Franzoſen, Reden 400, davon 350
deutſche und 50 franzöſiſche Kinder.
5. Oktober: Landesrat. Das Saargebiet ſollte keine
6.
6.
Reparationskoſten nach dem Dertrag aufbringen.
In Wirklichkeit zahlt es aber im Verhältnis mehr
als das Reich. Dr. Röchling ſagt darüber: Nach
Zahlen des franzöſiſchen Bergfiskus ſind in den
früheren Iahren bis 1923 etwa 20 Millionen
Goldmark aus dem Saargebiet herausgezogen
worden nach Abſchreibung von etwa 40 Millionen
Goldmark, d. h. auf den Kopf der Bevölkerung
28,50 Mk. Dom Reich wird in den Jahren
1924/25 erwartet ein Betrag von 3,50 Mk. pro
Kopf der Bevölkerung, dann ſteigend und erſt
nach längerer Friſt über 28.530 Mk. Würde man
die 100 Tage Bergarbeiterſtreik berück'ſichtigen,
komme auf den Kopf der Saarbevölkerung 40
Reichsmark.
Die Sozialdemokratie trennt ſich von der bis-
her bewahrten Einheitsfront gegenüber der ver-
tragswidrigen Behandlung des Saargebiets vom
Zentrum und der Deutſch-Saarländiſchen Volks-
partei. Parteitaktiſche Gründe veranlaſſen einen
Schritt, der im Hinblick auf die gefährdete Stel-
lung des um ſein Recht kämpfer.den Deutſchtums
unterbleiben mußte. Differenzen, die zwiſchen
Parteien und Gruppen beſtehen, dürfen kein Hin-
dernis ſein für die gemeinſame Front in der Der-
teidigqung deutschen Rechts und damit des Vater-
landes.
Oktober:. Gegen den nMiniſterialdirektor Dr.
Notton, Leiter des Schulwesens, werden in der
Preſſe wieder ſchwere Anſchuldigungen erhoben,
daß er eine Reihe von Maßnahmen getroffen habe,
die die franzöſiſchen Schulen fördern und Unge-
ſetlichkeit vom deutſchen Rechtsſtandpunkt offen
an ſich tragen.
Oktober: Die Preſſe veröffentlicht einen Entwurf
der Regierungskommission über den Achtſtunden-
tag. Der Entwurſs wird abgelehnt vom Landes-
rat am 24. Oktober.
12. Oktober: Z. R. 3 ſteigt 614 Uhr früh in Fried-
richshafen zu seiner Amerikafabhrt auf. Landung
am 15. Oktober in Lakehurſt um 3.11 Uhr nach-
mittags mitteleuropäiſcher Zeit. Helle Begeiſte-
rung im Saarland.
12. Oktober: Die Dereinigung Kath. Kaufm. Vereine
des Saargebiets ſtellt in einer Derſammlung als
das vornehmſte Ziel fseſt, allezeit das Band mit
dem Reiche und . den Biſchofsſizen Trier und
Speyer aufrechtzuerhalten und immer für die un-
geſchmälerte Rückkehr der deutſchen Soarheimat
zum Mutterland in politiſcher, wirtſchaftlicher und
kultureller Hinſicht einzutreten.