Full text: 1926 (0004)

Saarkalender für das Jahr 1926. 
  
Vom Fürſtlich-Naſſau-Baarbrückiſchen Militär. 
Von Prof. Nr. h. c. Ruppersberg. 
Der Fürſt von Naſssſau-Saarbrücken hatte für die Reichsarmee eine Kompagnie zu 
stellen. Da das Fürstentum nach der Reichseinteilung zum oberrheiniſchen Kreis gehorte, 
so wurde dieſe Truppe die Kreiskompagnie genannt. Sie bildete einen Teil des ober- 
rheiniſchen Kreisregiments, das sich aus 16 verschiedenen Herrſchaften rekrutierte und 
im Jahre 1789 786 Mann zählte. Die Soldaten trugen blaue Tuchröcke mit weißen 
Aufschlägen, weiße Hoſen und Gamaſchen, dazu einen ſchwarzen zweiſpitzigen Hut mit 
weißer (bei den Unteroffizieren silbernen) Borde und Federbuſch (Vgl. die Abbildung in 
der Geschichte der Grafschaft, Bd. 11. S. 305, und in der Geschichte des Saargebietes S. 2111. 
Ueber die Zuſammensetzung und die Kosten dieser Kreiskompagnie geben uns einige 
im Saarbrücker Stadtarchiv befindliche Rechnungen aus dem Jahre 1774 Aufschluß. Die 
Kreiskompagnie bestand aus 1 Hauptmann, 1 Leutnant, 1 Feldwebel, 2 Sergeanlen, 
3 Korporalen, 3 Klarinettiſten, 3 Tambours und 75 Musketieren, zuſammen 89 Köpfen. 
Der Hauptmann erhielt an jährlicher Beſoldung 550 Gulden und 400 Gulden Reparations- 
geld, der Leutnant v. Reizensſtein bekam nur 150 Gulden, die sechs Unteroffiziere er- 
hielten zuſammen 580 Gulden 39 Kreuzer, die drei Klarinettiſten und die drei Tambours 
zuſammen 419 Gulden 1 Kreuzer; die 75 Musketiere kosteten jährlich 4875 Gulden, alſo 
Gesamt-Jahresausgaben für die Kompagnie 6974 Gulden 40 Kreuger. 
Aber diese pflichtmäßige Soldateska genügte dem Fürsten nicht. Zu seinem besonderen. 
Vergnügen hielt er noch eine Leibgrenadier-Kompagnie, die aus 66 Mann dbeſtand, 
nämlich 1 Hauptmann, 1 Leutnant, 1 Feldwebel, 3 Sergeanten, 2 Korporalen, 
4 Klarinettiſten, 4 Tambours und 50 Leibgrenadieren. Der Hauptmann Zimmermann 
erhielt an Besoldung und Reparationsgeld 500 Gulden, der Leutnant Schneider 
200 Gulden, die sechs Unteroffiziere zuſammen 647 Gulden, die acht Musiker 576 Gulden 
und die 50 Leibgardisſten 3578 Gulden, zuſammen 5501 Gulden. 
Hierzu kam ein Unteroffizierskommando zu Pferd. Der Hauptmann Ler erhielt an 
Besoldung und Reparationsgeld (die Pferde ausgenommen) 330 Gulden, der Feldwebel 
120 Falper und die 12 Unteroffiziere zuſammen 1082 Gulden. An Fourage-Geld waren 
559 Gulden angesetzt. 
Außerdem wird Major v. Obernitz, Kommandant beider Stödte, mit 200 Gulden auf- 
geführt, der Adjutant v. Mouffel mit 150 Gulden, der Adjutant Beer, auch Aktuarius 
des Militärgerichts, mit 100 Gulden, der Chirurgus Karcher mit 55 Gulden und der 
Gerichtsdiener Kind mit 36 Gulden. Die Gesamtausgabe für das fürstliche Militär be- 
trug 15 107 Gulden 55 Kreuzer, die Gesamteinnahme 14 664 Gulden, aljo 443 Gulden 
55 Kreuzer Fehlbetrag. Zu den Koſten bezahlte die Landkasse 10 800 Gulden. die 
Kammer wegen der ,„Ferme-Garde“ 864 Gulden, die beiden Städte an Wachtgeld 
2500 Len, die „Salzentrepreneurs“ 100 Gulden und die „,, Tabakentrepreneurs“ 
400 Gulden. 
Ueber die Verwendung der Landkassengelder kam es ſpäter bei Beginn der Revolution 
zu lebhaftem Streit, da die Städte Rechnungsablage darüber verlangten. Der Verkauſ 
von Tabak und Salz war fürſtliches Monopol und wurde an Unternehmer verpachtet, 
die durch das fürſtliche Militär gegen Schmuggel geschützt wurden. Für die Bewachung 
der Tore, die urſprünglich den Bürgern zufiel, aber dann den Soldaten zugewiesen 
ud, mhten die Bürger ein Wachtgeld bezahlen. Darüber haben sich sſolgende Nach- 
richten erhalten: 
So geschehen St. Johann 16. September 1770. Unterzeichnet: J. G. Mühlhaus. Anton 
Kleber. Joh. Chr. Schmidt. Joh. Ludw. Höhr, Bürgermeister. J. A. Zix, Zugeber. 
Hierauf erging das Decretum: „Ich genehmige alle dieſe Punkte, und da die meiſte 
Bürgerſchaft mir gefällig gewesen, so versichere ich sie hierdurch meiner Gnade und 
Freundſchaft.“ Ludwig F. 3. N. S. 
Doch ein Opfer forderte der Zorn des Fürſten. „Wegen bewieſenem Uungehorſam“ 
mußte der Bürgermeister an den Landkassenverwalter Poſth 500 Gulden Strafe erlegen. 
An demselben Tage kamen unter Anführung Sr. Durchlaucht 50 Rekruten von Saar- 
brücken nach St. Johann herübergezogen, und am 28. Oktober bezogen diese, vermutlich, 
nachdem sie einexerziert waren, als „Landgarden“ die Wache an den Toren, wobei Se. 
Durchlaucht selbſt die Wachtparade kommandierte. Die St. Johanner fanden sich allmäh- 
lich mit dieser Ordnung ganz gut ab, da sie nun nicht mehr ſselbſt den lästigen Wacht- 
dienſt zu tun brauchten und ihnen die schmucken Soldaten in ihrer neuen Uniform besſer 
gefielen als die alten Bürgersoldaten in ihren abgetragenen Röcken. 
Im nächsten Jahre mußten die St. Johanner auf den Wunſch des Fürſten ein neues 
Wachthaus am Saartor für 1200 Gulden erbauen. 
  
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