Full text: 1925 (0003)

  
Saarkalender für das Jahr 1925 
franzöfiſche Volksschulen im Baargebiet J805. 
Von A. Z. 
Bei Unterhaltungen über die gegen den Vertrag von Verdailles errichteten Volks- 
schulen im Saargebiet erzählten mir wiederholt ältere Freunde, ihre Großväter hätten 
französiſche Volksſchulen besuchen müssen. Die Ueberlieferung scheint sich zu bestätigen, ich 
ſtöberte eine Liſte auf mit dem Titel: Tableau des Ecoles Primaires au ler Vendemiaire an 13 
(Liſte der Volksschulen am 22. September 1805). Das Tableau iſt ſehr ſorgfältig und 
praktiſch ausgeführt. Etwa die Hälfte der erſten Seite führe ich hier, allerdings in ſtark 
verkleinertem Maßſtabe, im Fakſimiledruck vor, weil das Aktenſtück einzig in seiner Art 
erſcheint. Die Ueberschrift über den Rubriken lautet: Departement de la Sarre, Arrondissement 
de Sarrebruck. Tableau des Ecoles Primaires qui existent dans cet Arrondissement au Premier 
Vendemiaire an 13 (Gaardepartement, Arrondissement Saarbrücken, Liſte der Volksschulen, 
welche in dieſem Arrondiſſement am 22. September i. J. 1805 vorhanden ſind). Der 
Text über den eingelnen Rubriken lautet in deutscher Ueberſetzung: 1. Name der 
Gemeinden, in denen Volksſchulen eingerichtet ſind, 2. Namen der Lehrer, 3. Zahl der 
Schüler, die die Schule beſuchen, 4. Begahlung der Lehrer in Geld und Sporteln. 
Aufgezählt werden auf sechs Seiten 180 Gemeinden und 151 Lehrer. Durchweg tragen 
ſie Namen, die noch heute vielfach im Saargebiet vertreten ſind. Das Jahresgehalt iſt 
recht knapp bemessen. Tauſend Franken erhäls nur Georges Dorr in Saint Imbert, der 
dafür nicht weniger wie 150 Schüler zu betrerten hat. Es folgt in großem Abſtand Anton 
Scheffler, Sarrebruck bei 100 Schülern. Auf den Dörfern iſt das Gehalt geradezu kläglich, 
mit 60, 70, 80 Franken müssen die Jugenderzieher auskommen. Völklingen hat bei zwei 
Lehrern, Cruhler und Kranz, 82 Schüler, Neunkirchen 140 und die Lehrer Guillaume und 
Leidner. Ottweiler iſt ſogar mit 4 Lehrern, Andrée, Herrmann, IZſchunki und Schmit ver- 
zeichnet. Die geringste Zahl der Schuljugend. sechs, hat Hangardt. 
Ein großer Unterschied bleibt zwiſchen der Einführung der heute gegen Recht und 
Vertrag errichteten franz. Schulen und denen jener Zeit. Durch den Frieden von Lunöville 
1801 gelangte das linke Rheinufer in franzöſiſchen Beſitz. Die Folge des Unglücks mußte 
unſere Bevölkerung auch auf dem Erziehungsgebiet hinnehmen. 
Einen Erfolg hat dieſer Verſuch an einem untauglichen Objekt nicht gezeitigt. Der 
Haß gegen die Unterdrücker wurzelte tief in der Volksseele, man hatte nicht das geringste 
Interesse für die Kulturqüter des Weſtens, sie erschienen den Ausgeplünderten nicht gerade 
begehrenswert. Vereinzelte, heute noch gebräuchliche Ausdrücke, wie gilet, 's parapluie, 
häufig auch völlig umgemodelte Worte wie Kumbär (compère) mögen vielleicht auf jene 
Zeit zurückzuführen sein. Der Erfolg der heutigen frangöſiſchen Schulen wird im Volks- 
leber zürerbauut nicht in Erſcheinung treten; es iſt bekannt, daß ihnen nur Makulatur 
geführt wird. 
  
Burgruine Kirkel 
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