Full text: 1925 (0003)

  
Saarkalender für das Jahr 1925 
  
den Wäldern des Saarbrücker Fürſten. Beſonders im Warndtwald leben in der Erinne- 
rung der eingesessenen Bevölkerung noch überkommene Berichte von gewaltigen Wild- 
ſchr'einrotten, die einst die düſtersſumpfigen Eichenforſten dieses Gebietes bevölkerten. 
Um 1820 aber waren in unseren Saarbrücker Wäldern, wie allgemein im Bezirk 
Trier, die Schwarzwildbestände sehr stark gelichte. Die Jagd war nicht mehr, wie 
ehedem, alleiniges Recht des Landesherrn. Und der ſtarke Abſchuß durch die Forft- 
verwaltung und durch Private ließ das Wildschwein in den nachfolgenden vierzig 
Jahren immer seltener werden. Erſt vom Ende der sechziger Jahre ab trat wieder eine 
erhebliche Vermehrung des Schwarzwildes in unseren Heimatwäldern ein. Von 1875 bits 
1878 kamen im Regierungsbezirk Trier jährlich durchschnittlich 900 Sauen zur Strecke. 
Von 1885 bis 1891 wurden hier insgesamt 2657 Wildschweine erlegt. 'Von 1897 bis 1900 
bezifferte sich der Abſchuß noch auf jährlich durchschnittlich 226 Stück. Ein großer Teil 
diſer Abſchüsse entfiel auf die Forſten des Saartales. 
Die zwölf Oberförsſtereien des Saar-Bliesgebietes verzeichnen in ihren Abſchußregiſtern 
]ür die Jahre 1870 bis 1900 die Erlegung von insgeſamt 1223 Sauen. Es waren hieran 
beteiligt: die Oberförſteri Sa ar b rü c e n mit 15 Abſchüsſsſen, K ar l s b r un n mit 
180, Ne unk ir ch en mit 41, St. W en del mit 2, Ba um h old er mit 116, Saar- 
louis mit 184,2, Wa d ern mit 220 und Sa arb urg mit 465 Tieren. Der weitaus 
größte Teil dieſer Strecke entfällt auf die Saar-Hunsrückreviere oder jene Forſtbezirke, 
die mit diesen in enger Verbindung stehen. Deutlich zeigt sich, wie das [Schwarzwild 
aus den Wäldern der Ebene mehr und mehr nach den Forſten der Bergreviere zurück- 
gedrängt wurde. 
_ Und so war um 1900 das Wildſchwein aus den Wäldern der näheren Umgebung 
Saarbrückens, aus den Oberförſtereien Saarbrücken, Fiſchbach und dem Warndtwald 
der Oberförsterei Karlsbunn, ferner aus den Revieren von Neunkirchen, [St. Wendel, 
Baumholder und Saarlouis als [Standwild völlig ausgetilgt. Als solches vermochte es 
sich von 1900 bis 1914 nur in den Bergrevieren der Oberförſtereien Merzig, Wadern 
und Saarburg zu halten, denen es in giemlicher Zahl verblieb. Einzelne Tiere kamen 
in der Ebene als Irrlinge und Wechſelwild immer noch zur Strecke. ſFuttermangel bei- 
andauernd hohem und durch ſtarken Froſt verkruſtetem Schnee, starke Beunruhigung 
durch Polizeijagden, dann auch die Rauſchzeit, veranlaßten immer aufs neue einzelne Tiere 
oder ſselbſt ganze Rotten zu Wanderungen fernab von den Standplätzen. Erst 1910 
wieder wurde im Warndtwald bei Karlsbrunn eine Bache geſpürt, die wohl aus 
Lothringen zugewechſelt war, und die bald Friſchlinge führte. Sie wurde sorgfältig 
gehegt und brachte diesem Forſtbezirk das Wildschwein als Standwild wieder. 
Während nun der Gesamtwildſtand unserer Saarbrücker Wälder durch den Krieg 
und erſt recht durch die Invasionsverhältniſsſe der Nachkriegszeit außerordentlich litt, 
hat ſich das Wildschwein in dieſer Zeit sehr stark vermehrt. Reviere, aus denen es 
durch Jahrzhnte hin verdrängt war, beherbergen heute wieder starke Rotten der 
. Schwarzkittel. Und Bannbezirke fern der Standorte dieſes unruhigen Wildes haben 
oft empfindlich unter den Verwüstungen durchwelchſelnder Sauen zu leiden. Ihre 
außerordentliche Vorsicht macht es der Jagd sehr schwer, den Tieren beizukommen, dre 
tagsüber in heimlichſten Forſstrevieren sich bergen und nur zur Nachtzeit auswechſern 
und wandern. Sehr zuſtatten kamen dem Schwarzwilde und seiner Vermehrung dte 
[ſchneearmen Winter der letzten Jahre, die es vor Nachsſtellungen durch Einkreiſen 
|ſchütlzten und ihm in auskömmlicher Nahrung auch seine Durchbringung sehr erleichterten. 
So iſt dem Rückgang dieser ſtattlichen Wildart, um deren Fortbestand auf heimiſchem 
Boden der Naturfreund vor zwanzig Jahren in Sorge sein mußte, durch die neuzett- 
„ lichen Verhältnisse Einhalt getan worden. Und es mag somit der Tag noch in weiter 
Ferne liegen, an dem der letzte Keiler unserer Saarheimatwälder gestreckt wird und 
mit ihm ein gutes Stück uralten gefürſteten Waidwerks der Heimat dahinſinkt. 
  
  
Spayzen-Dern iſt den alten Saarbrückern noch als witziger und origineller Kautz in Erinne- 
rung. Seinen Namen soll er von einem Jugendſtreiche erhalten haben, als er Spatzen gelb 
färbte und sie seinen Kameraden für 50 Pfg. als Kanarienvögel „andrehte“. An eine Aeußerung 
von ihm muß ich oft denken, wenn es unaufhörlich vom Himmel gießt und Bekannte glauben, 
mich noch darauf besonders aufmerkſam machen zu müſsſen. An einem üblen Spätherbsttage 
trifft Spotzen-Dern einen Bekannten, der ihn mit den Worten begrüßt: „Aweil is awwer ſchlecht 
Wetter!“ „Ihe,“ erwidert Dern, „und wie schnell sich das 'rumspricht, Du biſt nun ſchon der 
Zehnte, der wo es mir verzählt!“ j 
  
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