Saarkalender für das Jahr 1925
heute noch nicht die Stimmen verſtummen wollen, welche die dem Volksempfinden fremden
Urteile vor und während dem Kriege mancher Gerichte die größte Schuld an dem
entstandenen Unheil zuschreiben. In einem Ukas an das Gericht heißts:
„Es iſt von Alters her eine löbliche Ordnung hier eingeführt und auch von unsern
Vorfahren gehalten worden. Weil aber solche seit Jahren wenig geachtet und obſerviret
wird, und deswegen viel Unheil entstand, so ist solche bei einem ehrſamen Gericht als
mit Namen (der Richter) Wendel Eseln, Schultheiſen, Nikolas Rödler, Beſt Bauſchen.
Johann Meßinger, Johann Heunen, Nikolas Mayer, Johann Bendern wiederum neu
aufgerichtet worden. Nämlich, daß keiner der Richter und Schöffen Jemanden zu Hader,
Zank und Widerwillen (Widersſpenſstigkeit)h Ursſach und Anlaß geben soll bei Straf
zweier alter Gulden. Wird einer aber an seiner Ehren angegriffen, es sei mit Schelt-
worten und dergleichen, ſo soll er das an gehörigem Ort (der gräflichen Kanzlei) anzeigen,
und die Anklage auf das beſte weiterfördern, daß niemand in allen Stücken von
den Gerichtsperſonen ein bös Exempel gegeben werde. Dieses ist geſchehen und wiederum
erneuert worden den 15. Tag Januari Anno 1627 uff dem Rathauß.“
Es muß gesagt werden: auch heute noch liegt die größte Schuld der mangelnden
Verſtändigung zwiſchen Volk und den maßgebenden Körperſchaften an dem Umgangs-
ton und dem mangelnden Verständnis dieser für das Volksempfinden. Würden diese
Stellen sich mal auf sich selbſt besinnen und den berechtigten Wünſchen des Volkes
!! Widerſtand entgegensſezen, ſo wäre der Weg, wenigstens zur Verständigung
ald gefunden.
Wir verlaſſen nun dieſes, zur Erklärung der Zuſtände notwendige Gebiet und
wenden uns der „Anna Maria“ und den Akten, die über die Versteigerung ihrer Güter
und darin eingeſchloſſen, die verſchiedenen Währungsfragen Aufschluß geben, wieder zu.
„Endres Simons (mit den auf Dörfern üblichen Nebennamen, der aber zur näheren
Bezeichnung der Perſon gebraucht wurde: ,„Strohſchnitters Endres Witwe Anna Maria“)
hinterlasſene Güter wurden heute um 550 Gulden Landeswährung bar verkauft. Von
dieſer Summe sollen die andern, mit Hypotheken belaſteten Güter ledig und los-
gemacht werden. Außerdem werden davon die entstandenen Unkosten abgezogen werden:
an Kaufgeld: Zweihundertneunzigsieben Gulden neunzehn Albus vier Pfennige.
Item, das dritte Teil am Weinkauf *) 7' fl. 8 alb.
Ttem, der Herrſchaft an Beſthaupt (Abgabe bei Todesfall) 5 fl. 4 alb.
Item, das was bei der Abſchätzung verzehrt wurde 2 fl. 23 alb.
Item, in Niklas Rödels Haus durch Ambtleut Schultheis und
Käufer verzehrt 2 fl. 2 alb.
Item, an Schuldzinſen von der Scheuer und dem Garten
gun t . Leichenbegängnis, den Schülern gegeben gt
Summa 19 fl. 16 alb
Hiernach blieben von der ganzen Verkaufsſumme noch übrig
j 232 fl. 12 alb. 4 Pfg.
: Von diesem Gelde forderte nun die Herrſchaft die Nachſteuer oder den Zehnt-
pfennig = 5s fl. jeden zu 24 alb. gerechnet.
Also bleiben vom Gut noch übrig hundertsiebzigund sieben Gulden 12 alb., 4 Pfg.
i Die Nachſteuer wird der Herrſchaft bezahlt mit acht Goldgulden jeden zu 6 fl.
: 16 alb ==> 54 fl. f:
Hierzu wurde noch ein gewöhnlicher Gulden gelegt = 55s fl.. Der vorläufige Reſt
wurde nach vielen Sitzungen in folgenden Geldsorten deponiert:
1. an 7 Dukaten, jeden zu 9 fl. thun 63 fl.,
2. an 3 Goldgulden, jeden zu 6 fl. 18 alb. = 20 fl. 6 alb.,
3. an 4 Goldkönigsthaler, jeden. zu 5 fl. 15 alb. = 22 fl. 12 alb.,
4. an 31% Rosenobell, jeden zu 20 fl. 6 alb. = 70 fl. 21 alb.
*) Der bis auch noch in die neuere Zeit gepflogene „Weinkauf“ (Winkoff) genannte
Brauch, war ein kleines Feſteſſen, zu dem der Käufer eines Hauſes Freunde und
Verwandte einladen mußte. Ohne Weinkauf war früher der Kauf ungültig.
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