Saarkalender für das Jahr 1925
Zum besſeren Verständnis, wie auch zum Vergleich j en er Kriegsjahre mit den
zuletzt hinter uns liegenden, muß ich, bevor ich mit der Sache „A n n a Maria“ be-
ginne, einige kurze Auszüge aus denselben Akten. machen, die uns mit den Kriegs-
völkern, welche unsere Gegend unsicher machten und ihrem Benehmen aufs inniglte
vertraut machen, wie auch mit den Obliegenheiten der Bürger jener Tage.
Haben wir beispielsweise schon gehört, daß Anna Maria von Spaniern geschändet
worden, so erfahren wir aus Folgendem, daß die Soldateska auch ſonst nicht ſauber war:
„Anno 1629, den 19. März, iſt Katharina, des Bürgermeiſters Johannes Mühlen
Frau, vor Gericht erschienen und klagt, daß sie der Korporal unter dem Barba-
ſoni schen Volk geschlagen habe. Er habe Seife von ihr verlangt, da sie dieſe ihm
nicht schnell genug brachte, habe er sie mit einem Stock geſchlagen.“
Ebenso hatte auch eine andere Frau jedenfalls Ursache, zum Schutz vor Soldaten
Maßregeln zu ergreifen: t
„Zu wisſen,“ heißts da. „daß diesmal vorom ganzen Gericht beſchloſſen worden iſt,
daß Eliſabeth, die Gärtnerin (beständige Familiennamen gabs noch nicht, wie ich noch
kurz nachweiſen werde) der Gemeinde soll und will bezahlen, zwei Reichstaler, damit
ſie in einem Jahre keine Soldaten im Haus zu halten und zu beköſtigen braucht.
Was aber sonst das gemeine Kriegsgeld anbetrifft, soll sie soviel bezahlen, wie ihr auch
vorher auferlegt war. Die Zeit gehet uff den bauerntag an. Geschehen. den 21ten
Marty Anno 1625.“
Wie die Familiennamen ständig wechſelten, und daß sogar drei Brüder, Söhne
eines einziges Vaters, drei verschiedene Familiennamen haben konnten, sagt uns der
erste Abschnitt eines weiteren Aktes, den ich der Urschrift genau nachſchreibe: ;
„Auff den 19. tag Aprilis dieſes 1626. Jahrs haben ſich beide Brüder: Steffen
Mühl und Jost Cey ser wegen ihres Bruders S. Clauß en verglichen.“
Folgt der Vergleich über die von dem verstorbenen Bruder S. Claußen hinter-
lasſenen Güter, der uns aber hier nicht weiter interessiert. Dagegen wollen wir noch
schnell uns einen weiteren Beweis über das Benehmen der Soldaten von damals
verſchaffen. ; ;
„Im Januario Anno 1622 ſind Soldaten hie gewesen und einen Einbruch getan,
als der Salva quarti iſt abbezahlt gewesen, sowohl in Melsch Niklas Haus, wie auch
beim Pfarrer, bei Klas Ephenhäuſer (der früher den poetiſchen Familiennamen „Eſel“
sein eigen nannte. Anm. des Verf.), bei Simon dem Schuſter und Jost Sieber. Sie
begehrten 200 Kronen, worauf ihnen der welsche Niklas mußte geben 59%, Reich-.
thaler und sie ihm daneben noch zwei Stück grau Tuch wegnahmen. Klas
Ephenhäuſer mußte ihnen, nach seinem Vorgeben auch 29 Gulden 18 Albus geben.
welches nun zu ſeinerzeitiger Vergleichung ſteht.“
Selbstredend suchten sich die Bürger so gut wie möglich gegen solche Einbrüche
zu schützen. Die offenen Ortschaften wurden mit Gattern und Schlagbäumen bewehrt:
„Jtem auf Martini Anno 1623 den beiden Meistern, als Philips Schneidern,
Zimmermann und Meister Hanneſen Fabern hat ein ehrſam Gericht ſampt dem Bürger-
meister verdingt: 4 Schlag (bäum) oder Gatter in Maßen, wie die auf dem Nachbar-
dorf auch gemacht sind, vor und um ö Reichsthaler und ein Malter. Korn. Die Meister
sollen die Arbeit aufs Förderlichſte machen und verfertigen laut ihrer eignen
Subſkriptionn. . :
Der eine unterſchreibt:: „bekenn ich Philibus schneider, wie oben ſchteht“. Der
andre, des Schreibens unkundig, malt sein Kreuz darunter: X
In den Städten werden die Bürger zur Wacht verpflichtet: ;
„Es klagt Meiſter Hans Meßinger, daß uff den 2. Tag November Anno 1622 abends,
als die Scharwacht zu halten an ihm gewesen sei und Klas Schneider und Ludwig Wolf
die Nacht v o r wach haben halten sollen, letzterer aber im Pfarrhof gesessen und
getrunken habe. Als er – Meister Hans + ihn gemahnt, er solle herausgehen und die
Bot: herrichten, habe er geantwortet: sein Hinterſter sei so gut, wie Hans
Meßingers ul.“ ;
Man ſieht, die Diſziplin war schon etwas gelockert. Das empfanden auch die Herren
Gräfchen und bekamen Herzklopfen unter der blechbewehrten Heldenbruſt. Nicht mit
Unrecht schoben sie den Richtern die meiſte Schuld an der Volksbewegung zu, wie auch
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