Saarkalender für das Jahr 1925
geschickt, um den Herrn Dr. Koenigs wegen der gefährlichen Umstände Ihro Hochgräf-
lichen Exz. nachhero abzuholen. Zugleich hätten sie Befehl, mir zu sagen, daß ich
sogleich eine Eſtafette an der Frau Gräfin Hochgräfl. Exc., um Ihro Anheroreiſe zu
beschleunigen, auszufertigen hätte. Kaum war eine ſolche expediert, trat der Herr
Dr. Koenigs in mein Zimmer, der Herr Saal explicierte ihm den statum morbi,
hierauf verfügten sie ſich ad Serenissimum. Nach einer Atel Stunde kamen sie widerum
zu mir mit dem Vermerk, d a ß die Krank: h eit Ser enissimi ein normales
Faul fieber sei. Nach einem geſchrieben Recipe verfügt ſich der Herr Doctor nach
Zweibrücken, jedoch mit der Versicherung, noch ſelbigen Abend wiederum dahier einzu-
treffen und die Nacht hindurch dahier zu verbleiben. Dies geſchah und wurde be-
ſchlosſen, Serenissimo des Samstags morgens ein Vomitiv zu geben. Dieses Vomitiv
hatte eine gute Wirkung, indem vieler harter und zäher Schleim samt Gall von ihm
gegangen. Wir waren daher dahier wiederum ziemlich aufgemuntert, weil wir glaubten,
baß die materia pecrans fortgegangen sei. Des Nachmittags wurde ich ad Sssm
berufen. Hochdieſclbe sagte, wie sie gerne sehen möchte, daß ihro Untertanen für ſie
auch beten täten. Ich erwiderte, wie ich ſchon die Veranstaltung gemacht, daß die
hiesigen PP Franciscani wie auch die zu Homburg ihr heiliges Meßopfer bereits ad
intentionem nostram gewidmet hätten. Ich hätte bisher noch Bedenktlichkeit gehabt,
die, Krankheit in der Herrſchaft eclatant zu machen, beſonders da noch keine Gefahr
vorhanden. Jedoch habe ich geſtern den Herrn Erzprieſter erſucht, ein allgemeines
gebet anzuordnen, welches denn ſchon heute seinen Anfang in der ganzen Herrſchaft
wie auch zu Münchweiler und Otterbach nimmt; gleichzeitig geht auch das desfalls
nötige nach Geroldseck, Burrweiler und Adendorf.
Ihro Hochgr. Exc. war derzomalen. noch ziemlich munter. Ich war aber kaum
eine Stunde auf meinem Zimmer, als der Herr von Scheid und Herr Saal zu mir
kamen und sehr lamentierten, daß Ihro Hochgr. Exc. ihnen aus dem Bett geſprungen
sei und sich nicht perſuadieren lassen wollten, sich wieder zu legen. Dieses hat gedauert
bis der Dr. Koenigs abends zuruckkamen, welcher denn kaum etwas hat ausrichten.
können. Bei diesen Umſständen ſchien uns alles gefährlicher zu werden, nahm daher
Bedacht, Ihren Hochgrfl. Exc. beizubringen, daß die beste Hilfe von dem Allerhöchsten
kommen müsse. Als nun Hochdieſelbe vom Beichten zu reden ſelbſten anfingen, so
wurde erwähnt, daß der Herr P. Prokess wirklich im Schloß gegenwärtig wäre, worauf
denn Ihro Hochgräfl. Exc. ſelbigen begehrt, welchem nächst dann Hochdieselbe während
unserer Abendmahlzeit mit den heiligen Sacramenten versehen wurde.
Nach diesem wurde ich zu Ihrer Hochgräflichen Exc. berufen, woſelbs dann Hoch-
dieselbe mir ein und anderes anbefohlen haben, wovon ich bei der retour Ew. Wohl-
gehoren die weitere Eröffnung tun werde. Hierauf kam die Frau Gräfin Hochgräfl.
Exc. mit dem Herrn Graf v. Walderdorff Exc. wirklich dahier an. Bei der Heran-
nahung zu der Bettſtatt haben Sssms ihro Frau Gemahlin auf das Zärtlichſte um-
armt. Allein bald darauf kamen dte Paroxismi wieder, welche bis heut früh, wie mir
. DPr. Koenigs gesagt, gedauert und haben kaum 6 Männer Ihro Hochgräfl. Exc. im Bett
halten können, um bei Hochdemſelben einen Schweiß heraus zu bringen. Anjetzo
haben Seremissimus etwas Schlaf bekommen und sind ruhig. Der Herr Saal gibt
noch viele Hoffnung zur Geneſung. Dieſen Abend erwarten wir den Herrn Gehe imn
Rat Cohauſen und hoffen, daß dieser erfahrene Mann so glücklich sei, auch in hiesiger
Gegend ein Meiſterſtück seiner so vielmals erprobten Geſchicklichkeit abzulegen. Der
Herr Hofrat Seiberth hat auch ein Fieber inzwischen gehabt, welches aber dermalen
nach Aussſag des Herrn Dr. Koenigs nichts mehr zu bedeuten hat.“ .
In einem Briefe an den Reichsgrafen . . . . (ohne Namensangabe) wird bereits
zuversichtlich von der zu erwartenden Geneſung berichtet, zumal Herr Saal gute
Anzeichen findet und Geheimer Rat Cohausſen erwartet wird. Das Nachwort bemerkt:
„Gestern Abend 10 Uhr seynd die Frau Gräfin in Geſellſchaft des Herrn Grafen
von Walderdorf Hochwürden von Metz glücklich dahier eingetroffen.“
Am B2. September läßt die Gräfin Marianne jedoch schon um die ,Anherkunft
des Domherrn Damian und seines Bruders bitten, umsomehr als Hochw. Graf
v. Walderdorff und Excellenz Menz abreisen müsſſen.“ Zugleich geht ein Schreiben an
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