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Espinosa de los Monteros.
Nach Redaktionsſchluß -- Ende Auguſt + traf, völlig unerwartet, die
Trauernachricht ein, daß das Mitglied der Regierungskommiſsion, Es pinoſa de
los Monteros, Kommissar für Iuſtiz, Kultus und Schulen, geſtorben ſei. Herr
Espinoſa erlag in dem franzöſiſchen Kurort St. Nictaire bei Vichn einem Nieren-
leiden. Nur die allernächſte Umgebung hatte von seinem Leiden gewußt.
Herr Espinoſa war erſt eben, im April, zu uns gekommen. Er war noch
uicht 50 Jahre all. Das Saargebiet hat in ihm außerordentlich viel
Im März 1924 war er auf Vorſchlag Spaniens vom Völkerbundsrat zum
Mitglied der Regierungskommission für das Saargebiet gewählt worden. Gegen.
die Stimmen von England, Schweden und Japan, die für den norwegiſchen
Kandidaten eingetreten waren. Ein Reſt Mißtrauen war vielleicht auch in unſern
Herzen übrig geblieben, da Herr Espinosa ſchließlich der – Kandidat Frankreichs,
wenn auch faute de mieux, blieb. Und das war nun einmal keine Empfehlung
mehr für die Saarbevölkerung. Aber wie hat uns Herr Espinoſa entwaffnet !
| Leider iſt es zu seinen Lebzeiten nicht einmal genügend bei uns in weitere Kreiſe
gedrungen, was er uns war und + hätte werden können Wanrlich ein Ritter
ohne Furcht und Tadel! Eine Perſönlichkeit von innerem Adel, dabei von klarem
nüchternen Blick, ſtarkem Willen und zäher Arbeitskraft. Ein ſolcher Mann
mußte bald erkennen, wie hier im Saargebiet die Dinge ſtanden und ſich der
Aufgabe bewußt werden, die sein im neutralen, völkerbündleriſchen Sinne zu ver-
waltendes Amt ron ihm heiſchte. Herr Espinoſa hatte den ihn beſuchenden Ab-
ordnungen der Lehrerſchaft und der Parteien offen erklärt, daß er auf Grund
des Studiums des Verſailler Vertrages und ſeiner Entstehungsgeſchichte auf dem
Standpunkt stehe, d aß die franzöſiſchen Grubenſchulen überhaupt keine
deutſchen Kinder aufnehmen dürften, alſo nicht einmal Kinder unsrer
Bergleute. Um wieviel weniger erſt hätten ſie auch nach ſeiner Auffaſſung ~ zu
allgemeinen Volksſchulen erhoben werden dürfen, wie die Regierungskommission
in ihrer früheren Zuſammenſetzung es getan. Der neue Regierungskommiſſsar
für die Schulen wäre ſelbſt der beredteſte Verteidiger der deutſch-
ſaarländiſchen Schule in Genf geworden. Genf war auch ſchon über ſeine
Auffaſſung unterrichtet, ebenſo ſeine Miniſterkollegen. Die Vertreter der Bevölkerung
hatte jedoch Herr Espinoſa um vorläufige vertrauliche Behandlung ſeiner Er-
klärungen gebeten. Das lag in der vornehmen Natur dieſes Mannes begründet,
der aus sich ſelbſt heraus den Kampf führen wollte. Grade vor entſcheidendem
Vorſtoß in Genf vor dem Völkerbundsrat ſtarb er.
So war ſein Wirken hier nur ſehr kurz. Aber es hat genügt, um die
ſtille Leuchtkraft dieſes Charakters ſichtbar werden zu laſſen. Und wenn es der
Sache nach gewiß nur Gerechtigkeit war, was uns Herr Espinoſa de los Monteros
bringen wollte – es war von ihm aus hinwiederum doch mehr, weil ein ſolches
Vorgehen den Kampf gegen ein ganzes Syſtem bedeutete.
Wie ein einzelner Menſch wahrhaft für ſein Vaterland wirken kann! Uns
iſt es, als ſei die Nation, deren edler Vertreter Espinoſa de los Monteros war,
unſerm Herzen noch näher gerückt: Wie ein warmer Gruß reinen Menſchentums
aus seinem ſchönen Vaterlande Spanien, umweht uns hier das kurze Wirken
. Espinoſas de los Monteros.
Sie haben einen guten Mann begraben.
Und uns – und uns ? War .er ein Freund in der Not.