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Saarkalender für das Jahr 1925
Mai: Die neuen Verordnungen über das
Wohnungswesen lassen im wesentlichen alles
beim alten. Zu bemerken bleibt, daß die
Mieteinigungsämter aufgehoben und ihre
Aufgabe den Arnmtsgerichten übertragen
wird. Als Berufungs- und Revisſionsinstanz
wird eine besondere Kammer geeodildet.
Mai: Die sozialdemokratiſche Fraktion des
Landesrats protestiert gegen die dienſtliche
Maßregelung des Abgeordneten Schneider,
der im Landesrat große Mißstände in der
Schulverwaltung aufdeckte. Abgeordneter
Schneider wurde von einer Mittelschule an
die Volksschule zurückversetzt.
Juni:
. Juni: Zur Wirtſsſchaftskriſis. Der Arbeit-
geberverband der Saarinduſtrie kündigt in
der Fachgruppe der Hochofen-, Stahl- und
Walzwerke den Lohntarik zum 30. Juni
und ruft in der Lohnabbaufrage den
Schlichtungsausſchuß an.
Juni: Der Betrieb der Lautzentaler Glas-
hütte wird aufrechterhalten. Die Belegſchaft
erklärt sich mit Lohnabbau einverstanden.
Aufhebung des Wuchergerichts. Die Ab-
urteilung der Straffälle werden dem Land-
gericht in Saarbrücken überwiesen.
Zur Errichtung eines Flughafens auf den
St. Arnualer Wiesen bewilligt der Saar-
brücker Stadtrat 400 000 Fr. Bei Be-
ſprechung der Wirtſchaftskriſe wird er-
wähnt, daß dieſe nur der Vorbote der
Verhältnisse sei, die nach der Zollabſchnü-
rung eintreten würden.
. Juni: Eine Entſchliezung der Saarländ.
Zentrumspartei zu den Mißständen in der
Schulverwaltung wird dem Minister für
Kultus- und Schulangelegenheiten Espinosa
de los Monteros überreicht. Gefordert
wird eine reſtloſe Aufklärung über die
schweren Vorwürfe gegen Notton und
Colling.
. Juni: Protest der deutſchen Regierung an
den Völkerbund über die französiſchen
Truppen im Saargebiet.
Juni: Neubautätigkeit in Saarbrücken.
Die vier Siedelungsgeſsellſchaften haben
523 Häuſer mit 865 Wohnungen erſstellt,
Zuſchüsſe und Darlehen 15 Nliillionen
Franken. 34 einzelne Zuſchußempfänger
bauten 81 Wohnungen. Im Bezirk der
SEaargroßſtadt insgesamt hergeſtellt 946
Wohnungen. f
Juni: Zur 29. Tagung des Völkerbunds-
rats reiſt eine ſaarländiſche Abordnung
nach Genf. Es handelt ſich diesmal dort
um die Festsetzung der Verantwortung der
einzelnen Mitglieder der Regierungskom-
mission. Ferner protestiert eine Rote da-
gegen, daß die Regierungskommiſssion die
nach dem Vertrag gestattete zollfreie Ein-
fuhr von für den düörtlichen Gebrauch
beſtimmten deutschen Waren verhindert.
~ Die Handelskammer wendet ſich eben-
falls dagegen und erklärt es unvereinbar
15.
16.
17.
. zum großen Teil ſrcharfe
mit dem Vertrag, daß die Zollverwaltung
durch nahezu völlige Abdrosselung z. B.
der Maſchineneinfuhr die induſtrielle Ent-
wicklung des Saargebiets aufs empfindlichſte
schädigt.
Der 17. periodiſche Bericht der Regie-
rungskommission nach Genf ſsagt am
Schlussſe, daß sich das Saargebiet „von
neuem einer wirklichen Blüte erfreut“.
Juni: Zur VWirtsſchaftskriſe im Saargebiet.
Der Schiedsspruch des Saarbrücker Schlich-
tungsausſchuſſes beſagt, daß eine volle
Aufrechterhaltung der Betriebe der Groß-
eiſeninduſtrie nur durch Abbau der Kohlen-
und Frachtpreiſe, wie durch Ermäßigung
- der Löhne erfolgen könne.
Der Kampf gegen die Schulabteilung
wird in der Presse weitergeführt. Man ſtellt
die Schulverwaltung (Notton, Colling) vor
die Frage, was sie getan habe zum Schutze
der gefährdeten deutſchen Volksſchule, was
ſie getan habe, um der Entfremdung der
saarländiſchen Schulkinder von der deut-
schen Volksschule entgegenzuwirken, und
womit sie verſucht habe, den Niedergang
der deutſchen Volksschule zu verhindern?
Juni: Beſchloſſen wird in Genf die Kol-
lektiv-Verantwortlichhkeit der Regierungs-
kommission. Der Präſident darf ſich nicht
mehr das Recht nehmen, allein vorzugehen.
Alle Berichte an den Völkerbund müssen
von nun an im Namen der geſamten
Regierungskommission und unter ihrer
Kollektiv-Verantwortung ausgearbeitet
werden. Bei jeder Verwaltungsmaßnahme,
die zu Zweifeln Anlaß gibt, muß die
Rechtfertigung von allen Mitgliedern der
Regierungskommiſssion gebilligt werden.
In Hühnerfeld bei Sulzbach soll nach
Presseberichten eine franzöſiſche Schule
errichtet werden. ;
Juni: Die Presse bringt eingehenden Be-
richt über eine Ausſprache im engliſchen
Oberhauſe zur Lage im Saargebiet. Lord
Parmoor äußert sich darüber in längerer
Rede. Er sagt u. a.: „Was der Völker-
bundsrat und die Völkerbundsversammlung
im Saargebiet getan haben, daran kann
Kritik geübt
werden.“. .J4 Niemand glaubt, ~ ich sage
dies hier offen , daß einst die Bevölke-
rung für einen Anschluß an Frankreich
stimmen wird. Diese Alternative kann
vollkommen als erledigt betrachtet werden.“
. . . „Ueber die Wahl eines ſsaarländiſchen
Regierungsmitgliedes muß die Bevölkerung
unbedingt besragt werden.“. . . , Je eher
die französiſchen Truppen zurückgezogen
werden, deſto besser iſt es. Die Notwendig-
keit, überhaupt dort Truppen zu halten,
will mir nicht einleuchten. Die Truppen
können an den Grenzen aùfgeſstellt werden;
es will mir nicht einleuchten, weshalb ſie
im Innern des Saargebietes untergebracht
werden müùüſſsen.“
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