Saarkalender für das Jahr 1925
Wenn dieser letztgenannte Chor es zu seiner Hauptaufgabe machen würde, alte und
neue à capella-Musik zu pflegen, sſo würde sich der Kreis unserer hieſigen Muſikpflege
nach einer nicht zu unterſchätzenden Seite wesentlich erweitern.
Ferner wäre eine weitgehende Unterſtützung der Bemühungen verschiedener Kreiſe
um die Pflege guter Kammermusik, die hier noch sehr vernachlässigt wird, wünſchens-
wert. Als eine ihrer Protektoren hat sich unter dem Vorsitz des Schulrats Bo ngar d
eine das ganze Saargebiet umfassende Re g er- G e me in d e konstituiert. Wenn auch
deren Hauptaufgabe auf anderem Gebiete liegt, sſo verbürgen doch ihre führenden |
Männer ein kraftvolles Einsetzen für eine ſyſtematiſche (denn darauf kommt es allein an)
Pflege der vornehmſten muſikaliſchen Kunst, der Kammermusik.
Aus der Zuſammenfassung aller dieſer wirkſamen Kräfte erwächst für uns im Saar-
gebiet die Hoffnung, daß wir in engster geistiger und künſtleriſcher Beziehung zu
unserer großen deutschen Kulturbaſis stehen bleiben mögen, und daß wir es wollen,
beweise die Tat! Nichts iſt notwendiger für die Erhaltung unseres Deutſchtums, als
deutsche Kunst in deutschem Geiste zu pflegen und zu erhalten + denn, so darf ich mit
dem Worte eines großen. deutschen Meisters wie Hans Pfitzner ſchließen:
„Sage mir, welche Kunst in einem Volke gedeiht, und ich will
dir sagen, wie der Geſundheitszuſtand dieses Volkes iſt!“
. © Ff R- t
| Saarlied*) |
von Friedrich Thamerus.
O Heimat, mein Saarland, Mie rauſcht doch dein Wald
Du kerndeutſches Land; Und dein Fluß mir ſo traut.
Du Grenzmark, so oft ſchon Wie hat ſich die Arbeit ;
Dom Schickſal gebannt Hier Hütten gebant.
| Und immer doch wieder Mie halten hier fleißige |
Mit heiliger Glut Hände im Schacht
Dem Deutſchtum gerettet, Hei Rädern und ELſſsen
Mie bin ich dir gut! Die treudeutfche Wacht!
Laß kommen und gehen
Die Wogen der Zeit, , 1
Laß raſten das Glück
Oder laſten das Leid.
Hleib fleißig, bleib wachsam, j,
Hleib treu nur und wahr,
Hleib deutſch nur o Heimat,
Du Land an der Saar.
*) Profeſſor Dr. Schwarz vom Kölner Männergeſangverein hat das Gedicht für vier-
ſtimmigen Männerchor komponiert.
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Eine Erinnerung an Feldmarſchall v. der Goltz-Paſcha.
Während des. Bergmannsſtreiks 1892293 wurde ich, Bergmann aus alter Knappenfamilie, zu
einer Reſerveübung bei dem Kaisſerin-Auguſta-Regiment in Koblenz eingezogen. Der ſpätere
Generalifeldmarſchall v. der Goltz-Paſcha war damals unſer Bataillonskommandeur. Er ließ mich
nach Durchsicht der Liſten kommen und es entspann ſich folgende Unterhaltung: „Sind Sie auch
einer von den streikenden Saarbergleuten?“ „Zu Befehl!“ „Warum ſtreiken die Bergleute an der
Saar?“ „Es gibt zu wenig Lohn, bei 12stündiger Arbeitszeit und allem Fleiß können wir nicht
soviel verdienen, um zu leben.“ Von der Goltz sieht mich ernst an, schüttelt den Kopf: „Ich kann
es nicht glauben“, dann ſtrenge: „Das kann nicht wahr ſein. Laſſen Sie sich über Ihr Einkommen
die Lohnzettel der letzten drei Monate ſchicken!“ Das geschah. Als die Reſerveübung beendet war
und wir entlaſſen werden sollten, mußte ich vor dem Bataillonskommandeur erſcheinen, der mich
freundlich behandelte: „Jch habe die Lohnzettel durchgesehen,“ sagte v. der Goltz, „die Bergtieute
yu ée é haben recht, wenn sie streiken. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, ich würde auch
reiken!“ Z |
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