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Saarkalender für das Jahr 1925.
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Panje, bitte Brot!
Bei Kowel lag ich eines Abends,
Der fernen Heimat und den Lieben
Sehnsüchtig still gedenkend.
Besonders weilten die Sedanken
Bei meinem Weib und meinem kleinen Jungen;
Als plötzlich ich ein süßes Kinderstimmchen
Im Buſch vernahm.
War es ein Traum?
War's meines eigenen Kindes Stimme?
G6ewiß nur eine Täuſchung,
Wei] ich zu lebhaft an daheim gedacht.
Doch nein! Da hör ich's nun ganz deutlich:
. Ein Wimmern leis, ein stilles Weinen
Von einem armen Ruſfsenkind,
Dem dieser grauenvolle Krieg
Vater und Mutter fortgenommen.
„Panje, bitte Brot!“
So klang es zwischen Unkenrufen
Und Blätterrauſchen in den Abend.
„Panje, bitte Brot!“
Dieſe deutschen Laute, die das Kind,
Hilflos in meine Augen ſchauend,
In fremdem Klang mir zugelisſpelt,
Sie schnitten tief mir in das Herz.
Ich nahm den Knaben auf den Schoß
Und zog ihm Strümpfe an die nackten Süße.
Und gab ihm Brot und was ich bei mir trug,
Bis er gesättigt,
Lächelnd neben mir im Gras
Zufrieden fstilleſaß,
Und fremde Laute lallend
~ Ich nahm's als Kindesdank +
In meinen Armen süß einschlummerte.
Sanft legt ich ihn auf seine Heimaterde
Und deckte warm ihn mit dem Mantel zu.
Da mußte fest ich meine hände falten,
Und nach den ewgen Sternen blickend, beten:
„Behüt dich Gott daheim, mein lieber deutscher Junge!“
Wilhelm Kodenbuſch, Wilhelmshöhe bei Kaſsſel.
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