Saarkalender für das Jahr 1924.
brücken und Saarbrücken, und das veranlaßte ihn eben, einen ganz anderen Aufwand
zu lreiben als bisher in seinem Stadtſitz. in Coblenz, denn an beiden fürſtlichen Höfen
herrſchte eine ſchrankenloſe "Baufreude, getragen von ]bedeulenden Meiſtern des rheiniſch-
fränkiſchen Barocks, die zwei weit über die Größe ihrer Lande hinaus vagende Regenten
ins Land gezogen hatten, Chriſtian IV. von Zweibrücken, der Wittelsbacher, und Wilhelm
Heinrich von Saarbrücken aus dem Hauſe Nassau.
So sind es denn in allen Hauptbauten auch nicht die ſonſt für das Haus von der
Leyen oder die ihnen verwantten Schönborn tätigen Kurtrierer Meiſter Johannes Seiz,
der Lieblingsſchüler von Balthaſar Neumann, sondern eben die Architekten dieſer benach-
barten Feſidenzen, die den Einfluß auf die barocke Umgestaltung von Blieskalſtel
gewonnen haben.
Das noch dem ganzen Anjehen nach aus der Feudalzeit herrührende gräfliche Schloß
auf der Burghöhe über dem Orte hatte ſich allmählich im Laufe des 18. Jahrhunderts
eine Reihe von Umänderungen gefallen laſſen müssen, um es den erhöhten Anforderungen
eines Hofhalts der Barockzeit wenigstens leinigermaßen anzupaſſen. Und hier fällt
schon ein wichtiger Umbau in die Jahre 1757 bis 1759, bei dem die Baudirektoren von
Saarbrücken und Zweibrücken als Gutachter erſcheinen, Friedrich Joachim Stengel und
Jonas Erickſon Sundahl, ein Schwede, den 1die Wittelsbacher, die ja einstmals auch
auf dem ſchwediſchen Königsthron saßen, und in Karl All. einen der ſchwediſchen
Nationalhelden hervorgebracht hatten, ins Land gezogen und der ihnen ihre wuchtige
Zweibrücker Residenz und die Luſtſchlösser Guſtafsburg und Gutenbrunnen erbaut hatte
und auch für den vertriebenen Polenkönig Stanislaus Lesezinſky einen Sommersitz
« Tschifflik im Wald hei Zweibrücken errichtete.)) Und diese beiden bedeutenden Architekten
Stengel und Sundahl treffen |wir auch ſchon 1755 zuſammen bei den Vorbereitungen
zum Turmbau der Alexanderkirche in Zweibrücken an, wozu auch noch Stengels Hof-
werkmeiſter Dodel von Saarbrücken einen erhaltenen Riß geliefert hat.
Die Schloßreparatur in Blieskaſtel?? wurde bann aber weder nach Sundahls noch
nach Stengels Plänen veranſtaltet, sondern in sehr viel besſcheidenerer Weise nach den
Angaben von „Mr. Guillemar, entrepreneur des fortifications“ durch den tüchtigen ein-
heimischen Zimmermann Franz Schmitt, allſſo durch kleinere Baumeister in weit wenig
großartigerer Art. ~ Schon 1757 zieht sich der Saarbrücker Generalbaudirektor ziemlich
brüsk zurück, denn das gräfliche Oberamt rät zum Sparen ,zumahlen die architekten
sich in hieſiger Nachbarschaft sehr pretieus machen zu wollen scheinen“. – Noch war
aber der Graf Franz Karl nicht an der Regierung, mit dem dann erst die größere
Baugesinnung einziehen und dessen Bestrebungen nach seinem frühen |Tode die Witwe
würdig weiter fortführen sollte, wie wir noch sehen werden. Für den Schloßhof
errichtete jedoch noch ein Unterarbeiter Stengels, der „berühmte französische Bildhawſer
Gounin aus St. Avold“ in Saarbrüſken, der Meiſter der zierlich-eleganten Fenster-
umrahmungen der Saarbrücker Ludwigskirche mach den Plänen Stengels, in Blieskastel
eine äußerſt fein in den Details durchgebildete schlanke Brunnenpyramide, deren Riß
ſich auch im fürstlich von der Leyenſchen Hausarchiv in Waal in der Gouninſchen
Originalzeichnung erhalten hat und mancherlei Bezug fit dem großen Brunnen auf
dem Markte in St. Johann an der Saar aufweiſt.
Ueber die weiteren Umbauten, die sicher nach der Uelbersiedelung des Grafen Franz
Karl und seiner Bemahlin Marianne von Dalberg vorgenommen wurden, fohlen bisher
alle archivaliſchen Nachrichten, damals wurden wohl auch erſt die prachtvollen umgebenden,
fich auf Terraſſen erhebenden Gärten angelegt oder bestimmend verschönert, und es
wurden von allen Seiten Kunſtgegenſtände verſchrieben, um den 'Fürsſtensiz würdig
auszuſtatten. '
bu rc im Privatbesitz in Blieskaſtel erhaltene Zeichnung kann uns von dessen
Wirkung auch nur einen ſsſc<{wachen Begriff geben; ſie zeigt uns aber doch das Stadt-
bild, wie es in dem zu Ende gehenden 18. Jahrhundert aussah. Auf der Höhe das
hochaufragende Schloß mit seinen noch an die Feudalzeit erinnernden Ecktürmen und
einem mächtigen Mittelriſalit mit besonders hochaufstrebendem Dach. Zur Seite ſchließt
sich dem auf hohen Terraſſenmauern der Garten an, der am Ende auf oorſpringender
Baſtion ein modernes, üppiq ausgeſtaltetes Luſthaus mit gebrochenem Dach trägt, von
1) Vgl. Lohmeyer: Barockarchitektur in Zweibrücken. Monatshefte für Kunſtwissenschaft VI/T.
1913 und Rübell: Die Bautätigkeit im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken und in Blieskaſtel im 18.
Jahrhundert mit Hervorhebung des Baubirektors Chriſtian Ludnvig Hautt, Heidelberg 1914.
2?) Vgl. Rübel: Die Bautätigkeit im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken und in Blieskastel im
18. Jahrhundert. Heidelberg 1914. Der leider. im Krieg gefallene ‘Autor [hat das Verdienſt, als
erſter die interessante Baugeſchichte von Blieskastel in Zuſammenlhang behandelt zu haben.
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