Saarfalender für das Jahr 1923
Es war die einzige Gefahr, in der die Fahne ſchwebte. Darum au<h ſchweigt ſie an dieſer Stelle
ſtets erinnerungsſ<wer. Dod) hören wir weiter, was uns das alte Banner erzählt: „Die Jahre
vergehen, ſie eilen und kehren nicht wieder. Sreudentage allein währen ewig, verblaſſen nimmermehr und
künden allezeit von ſtolzem Erleben. Cockt und ruft niht der 10. September 1860! Shmettern
nicht die Trompetenklänge der Bergmuſiker über die Saarſtädte hin! Sieht nicht eine feſtliche
Schar unter Jauhzen und Srohloken zum Hexenberg, der im Glanze preußiſcher, deutſher und
ſtädtiſcher Farben die Herzen aller bewegt?
Nod) fühle ich jenen Augenblik in meiner Seele brennen: Das Volk und die jungen Turner
drängen ſicq; um die alten 48er, die mich verhüllt in ihrer Mitte tragen, Garelly übergibt mich
der jungen Gemeinſchaft, damit im ihr immerfort zum Wahrzeichen diene.
Ferdinand Garelly, Saarbrüen
der älteſte Turner Deutſ<hlands im 93. Lebensjahr
trug bereits am 24. September 1848 die als 'Dignette abgebildete Hedkerfahne. Der Turnverein
Saarbrücken von 1848 ehrt jein Ehrenmitglied alljährlich an ſeinem Geburtstage dur< einen FSadcelzug.
- Nod klingen mir die Worte ins Ohr, die er dabei ſpricht, Worte herrlih und unvergeßlid:
daß ih, das Geſchenk deutſcher Jungfrauen, dem Derein bei ſeiner Gründung im Jahre 1848
überrei<t worden ſei, daß die Turner in Liebe und Treue an ihrem Ehrenzeichen gehangen, und
daß die Mitglieder des neuen Vereins mit glei her Liebe und Treue an mir halten ſollten. Und
ſie wollen es: Jubelnd ſteigt das Lied „Was iſt des Deutſchen Daterland“ zum Himmel. Dankend
gelobt der Turnwart, mich als doppelt wertvolles Gut treulih bewahren zu wollen als Seichen
der neuen Ära im erwahenden Vaterland, die das Wiedererſtehen des Dereins ermöglicht habe. = ="
Treue um Treue! Serdinand Garelly! Du haſt mich im Jahre 48 aus der Taufe gehoben, Dir gilt
heute mein Gruß, wenn Du 93jährig als älteſter Turner Saarbrükens und zugleich Deutſchlands
Deiner Sahne in der alten Truhe gedenkſt. Treue um Treue auh Denen unterm grünen Raſen.
Dor allem gilt mein Gruß Katharina Shumann, der Tochter des ehrſamen Shreiners Shumann,
der im mein herrliches Kleid verdanke. Mit turnbegeiſterten Sreundinnen ging ſie von Haus zu
Haus, ſammelte Taler und Silbergroſchen, nähte und ſtikte bei Lampenſ<hein! Dank auh den
Saarbrücker Bürgern Karl Korn und Eduard Haas, die mir 1860 Treue ſchworen und heute nod
in unſerer Mitte weilen.
Nod) einmal hielt die alte Sahne inne, dann ſchien es, als .ob die Gegenwart ſich ſ<hickſalsſhwer
auf ihre Worte legt. Langſam und ernſt drang es aus der Truhe:
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