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Sie überprüften die Sanktionsvorschläge für die zweite Personenkategorie und
konnten zusätzlich persönliche Sanktionen gegen den Betroffenen verhängen: Be
schlagnahmung eines Teils oder des gesamten Vermögens 17 . Auch für die personnes
suspectes erarbeiteten sie Sanktionsvorschläge. Alle Beschlüsse wurden der Militär
regierung zur Genehmigung vorgelegt.
1.3. Die Situation im Erziehungswesen
Die Direktion für das Erziehungswesen war Bestandteil der Generaldirektion für
Verwaltung in Baden-Baden. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Kulturpolitik
für die französische Demokratisierungspolitik genoß ihr Direktor, Raymond
Schmittlein, eine relativ große Selbständigkeit, die sich zum Beispiel in einer eigen
ständigen Personalpolitik äußerte. Die personelle Entnazifizierung bildete im Erzie
hungswesen nur einen Teil der umfassenden Säuberungspolitik: Lehrpläne, Schulbü
cher, Landkarten und Bibliotheken wurden vom nationalsozialistischen Geist be
freit 18 . Ziel war es, die deutsche Jugend für die Ideale der westlichen Demokratien zu
gewinnen. Das Problem bestand darin, daß die Jugendlichen zwölf Jahre lang im
Sinne der nationalsozialistischen Ideologie erzogen worden waren. Die Vorausset
zung für jede Umerziehungspolitik war eine Entnazifizierung der Lehrer. Die Mili
tärregierung stand vor der Schwierigkeit, daß fast die gesamte Lehrerschaft sowie
das leitende Verwaltungspersonal in den Schulbehörden politisch belastet waren: 11
parait definitivement acquis ä la Direction de l'Education Publique que toutes les
personnalites appelees ä diriger l'Enseignement et l'education de la jeunesse sont
trop impregnees de l'esprit militariste et nationaliste pour que toute l'oeuvre de
reeducation ne soit pas irremediablement compromise si on leur laisse la haute main
sur cette reeducation 19 . Schmittlein sah nur durch eine enge französische Kontrolle
den Erfolg der Umerziehungspolitik gewährleistet. Die Erfolgschancen schätzte er
eher gering ein: Les resultats acquis dans le domaine de lEducation Publique sont
des resultats precaires 20 .
Die Bedeutung der Entnazifizierung für das Erziehungswesen und die bevorstehende
Wiedereröffnung des Schulbetriebs führten dazu, daß bereits am 24. August 1945
eine spezielle Direktive für die Säuberung der Lehrerschaft erlassen wurde. Alle
17 Laffon erklärte im Januar 1946, daß über die Verwendung der beschlagnahmten Vermögen erst nach
Abschluß der Entnazifizierungsmaßnahmen entschieden werden könne. Eine Einbeziehung in die alli
ierte Reparationsmasse scheide aber aus. Stattdessen werde an eine Zuwendung an bestimmte Perso
nengruppen oder Organisationen gedacht, dans le cadre general des buts de la politique fran^aise en
Allemagne. Ende März 1946 gab Laffon die Anweisung zur Errichtung von deutschen Länderverwal
tungen für beschlagnahmte Vermögen; CCFA/CAB/C 377: Laffon'an die Delögues Superieurs,
21.1,1946; AOFAA DGAP c.3306 p.l 15 u. MAE Y 1944-^9 d.435/91. Siehe auch den Bericht Laf-
fons (CCFA/CAB/C 2321 u. 2325) an Koenig u. das CGAAA, 4.4.1946; AOFAA DGAP c.232 p.49 u.
MAE Y 1944—49 d.435/89.
18 CCFA/DGAA/EDU 5364: "Rapport sur la ddmilitarisation, la dönazification et la democratisation dans
la zone fran^aise d'occupation", 4.1.1947; AOFAA DGAC c.124.
19 Ebd.
20 Ebd.