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Als künftiger Wohnort der Ausgewiesenen war bereits zuvor das östlichste Land der
französischen Zone, Württemberg-Hohenzollern, festgelegt worden. Der Chef des
Service Epuration in Baden-Baden, Amal, schickte Anfang Mai Anweisungen für die
Durchführung der Ausweisungen gegen certains allemands, et notamment les nazis
revoques nach Saarbrücken. Er verstand seine Vorschläge als einen Handlungsrah
men für die Militärregierung in Saarbrücken, en vous laissant le soin d'en preciser
les details et d'agir au mieux selon les circonstances locales et me me les cas parti-
culiers 28 . Grundsätzlich sollten die Ausweisungen keinen unmenschlichen Charakter
annehmen; unnötige Härten sollten vermieden und die Belastungen für das Bestim
mungsland in Grenzen gehalten werden. Ziel war es, daß der Betroffene möglichst
jede Verbindung zum Saarland verlor. Daher waren auch die Familienmitglieder von
der Ausweisung betroffen, obwohl dies das Unterbringungsproblem in Württemberg-
Hohenzollern vergrößerte. Persönliche Habe, Geld und bewegliche Güter mußten
mitgenommen, Immobilien im Saarland versteigert werden. Arnal stimmte dem Vor
schlag des saarländischen Epurationschefs, Marcel Brun, zu, bei den Ausweisungs
maßnahmen zeitlich gestaffelt vorzugehen. Da eine Ausweisung sämtlicher von
Entlassung betroffener Personen unmöglich sei, hatte Brun vorgeschlagen, daß pri
mär die jeweilige Herkunft entscheidend sei (tenant compte notamment de l'origine
des personnes ä expulser) 29 .
Am 2. Juli 1946 war es soweit: Die erste Ausweisungsaktion begann 30 . Insgesamt
504 Personen wurden aus dem Saarland nach Württemberg-Hohenzollern ausgewie
sen. Sie durften jeweils 100kg Gepäck sowie ihr gesamtes Bargeld mitnehmen,
Bankguthaben wurden an den neuen Wohnsitz überwiesen und das Mobiliar in ein
örtliches Möbellager gebracht 31 . Die Militärregierung bezog sich in ihren Auswei
sungsbefehlen auf alliierte Vollmachten, relatifs au contröle et ä l'elimination des
nationaux allemands dangereux pour la securite des troupes d'occupation et pour
Vordre public 32 .
Von den ursprünglich geplanten 847 Ausweisungen waren nur in 504 Fällen die
Ausweisungsbefehle unterschrieben worden. In den Kreisen Saarbrücken, Ottweiler,
Saarlouis und Merzig waren überdurchschnittlich viele Ausweisungsbefehle zurück
28 CCFA/CAB/C 3051: Laffon an Grandval, 2.5.1946; AOFAA DGAPc.232 p.48.
29 Ebd.
30 Am 25. April 1946 hatte Laffon an das CGAAA berichtet, daß bisher noch keine einzige Ausweisung
stattgefunden habe. Er sagte aber Paris die baldige Durchführung der Maßnahmen zu: Tous lesfoncti-
onnaires revoques seront places en residence dans un autre Land\ CCFA/CAB/C 2861: Laffon an das
CGAAA, 25.4.1946; AOFAA CC POL III L 7 p.47.
31 GMSA/DAA/IC 7893: Grandval an Neureuter, 16.7.1946; LA SB LRA Merzig 150.
32 GMSA/DAA/IC 356: Grandval: Arretö, 21.6.1946 (beglaubigte Abschrift des Originals); LA SB SK
738. Die Militärregierung bezog sich auf die §§ 283, 284 und 285 des SHAEF-Handbooks vom De
zember 1944. Darin wurde die Entfernung und Kontrolle von NSDAP-Mitgliedem festgelegt, die je
nach der Schwere ihres Falles entlassen, mit Berufsverbot belegt oder interniert werden sollten; die
Möglichkeit einer Ausweisung wurde dort nicht erwähnt. Die Mission Juridique erklärte später in einer
Note an den Hohen Kommissar Grandval, daß die Handbook-Bestimmungen eher etwas weit ausgelegt
worden seien, en ne tenant pas toujours compte du grade occupe dans le parti\ HCRFS/JUR 425: Job
an Grandval, 30.12.1949; MAE NANTES Miss.Jur. H II 2bis; SHAEF-Handbook: Part III Chapter II
Section III; IfZ DK 090.009.