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Koenig auf, über geplante Maßnahmen zu berichten 37 . Kurz darauf trafen sich die zu
ständigen Offiziere des GMZFO bei Amal. Er legte ihnen einen ersten Verordnungs
entwurf zur Jugendamnestie vor 38 . Aufgrund der Intervention der Abteilung Interieur
et Cultes wurden die Amnestiemaßnahmen zeitlich von der Aufhebung der Wahl
rechtsbeschränkungen abgekoppelt 39 . Der Service Epuration konnte sich erfolgreich
gegen eine Einschränkung des Personenkreises, der unter die Amnestie fallen sollte,
wehren. Dadurch wurden SA-Mitglieder und HJ-Führer nicht von vornherein von der
Amnestie ausgeschlossen. Radenac begründete dies gegenüber Koenig damit, daß ein
zu geringer Umfang der Amnestie den positiven Effekt auf die deutsche Öffentlich
keit zunichte machen würde 40 .
Am 5. Mai 1947 wurde die Verordnung Nr. 92 im Journal Officiel veröffentlicht.
Durch sie wurde ein großer Teil der Jugendlichen von der Entnazifizierung befreit 41 .
Die Jugendamnestie erließ allen einfachen Parteimitgliedern der NSDAP und der
NS-Gliederungen, die nach dem 1. Januar 1919 geboren waren, weitere Sühnemaß
nahmen. Bisherige Sanktionen wurden aufgehoben - eine Rückzahlung bereits ein
gezahlter Geldbußen fand nicht statt. Die Beschränkung des Wahlrechts fiel erst ab
1. Juli 1947 weg. Politisch schwerer belastete Jugendliche unterlagen weiterhin der
Entnazifizierung; dies betraf unter anderem:
- ehemalige Mitglieder der NSDAP mit dem Amt oder im Rang eines Zellenleiters
bei ehrenamtlicher Tätigkeit und eines Arbeitsleiters bei Parteifunktionären mit
hauptamtlicher Tätigkeit;
- ehemalige Mitglieder der SS, der Gestapo und des SD;
- alle Personen, auf denen der Verdacht von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen
die Menschlichkeit oder anderer strafrechtlicher Vergehen lastete.
Die Mitläuferamnestie vom 17. November 1947 (Verordnung Nr. 133)
Wenige Tage bevor die Jugendamnestie in Kraft trat, trafen sich die Entnazifizie
rungsoffiziere bei Radenac in Baden-Baden 42 . Anlaß war die Diskussion des Entwur
fes zu einer Mitläuferamnestie. Radenac begründete den Entwurf mit der Notwen
digkeit einer zügigen Aburteilung der NS-Aktivisten: Si le but de la denazification
est de frapper les coupables, il y a lieu neanmoins de distinguer dans le cas des
37 CGAAA/POL 111: Savary an Koenig, 25.2.1947; AOFAA C POL p.219. Koenig lieferte einen Monat
später den gewünschten Bericht; CCFA/CC/CAC/POL 1447: Koenig, 21.3.1947; AOFAA DGAP
c.232 p.49.
38 CCFA/CAB/C 2100: Amal an Sabatier, 1.3.1947; AOFAA DGAP c.3302 p.89 d.3005-3019.
39 Die 1. Section hatte gefordert, daß die Aufhebung der Wahlrechtsbeschränkungen erst nach den Land
tagswahlen in Kraft treten sollte; CCFA/DGAA/INT/l.Sect.: Note an Amal, 21.3.1947; siehe auch:
CCFA/DGAA/EDU 2675: "Expose des motifs", 12.3.1947; AOFAA DGAP c.3302 p.89 d.3305-3019
u. CC POL III E p.36.
40 CCFA/CAB/C 4386: Radenac, 30.4.1947; AOFAA CC POL III E p.36.
41 CCFA: Ordonnance Nr. 92 portani amnestie de la Jeunesse, 2.5.1947; JO-CCFA Nr. 69/47 (5.5.1947),
S. 700f.
42 An der Konferenz am 2. Mai 1947 nahmen neben Radenac de Bresson (Generaldirektion der Justiz),
Leroy, Roynette, Vigouroux (Württemberg-Hohenzollem) und Monteux (Baden) teil; GMRP/EPU: Be
richt Roynettes an de Vassoigne, 5.5.1947; AOFAA RP c.901 p.5.