Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

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gene Säuberungspolitik betrieb und nicht von einer französischen Entnazifizie 
rungspolitik gesprochen werden kann? 
Nur durch den Vergleich der Entwicklung in den verschiedenen Ländern der Besat 
zungszone können sowohl die Vielschichtigkeit als auch die Einheitlichkeit und die 
Grundstrukturen der französischen Entnazifizierungspolitik festgestellt werden. Zeit 
genössische Begriffe (zum Beispiel "Epurations-" oder "ZSK-Bescheide") wurden 
beibehalten, da sie ein Ausdruck der dezentralen Komponente in der französischen 
Besatzungspolitik waren 47 . 
Die Datenschutz- und Archivgesetzgebung der deutschen Bundesländer behinderte 
nicht nur des öfteren den Zugang selbst zu sachbezogenen Akten, sondern verhin 
derte auch die Untersuchung des "Entnazifizierungsalltags". Die konkrete Auswir 
kung der Entnazifizierung auf die Betroffenen konnte daher nicht überprüft werden 48 . 
Eine Ausnahme bildet die Spruchkammertätigkeit im Saarland. Im Landesarchiv 
Saarbrücken konnten Teile der Spruchkammerakten eingesehen und - anonymisiert - 
ausgewertet werden. Aber auch in Frankreich wurde die Einsichtnahme in vorhan 
dene Bestände zur Entnazifizierung der Privatwirtschaft und zur Lage in den Inter 
nierungslagern aus archivrechtlichen Gründen teilweise nicht gestattet. 
Auf französischer Seite wurden für die Arbeit hauptsächlich die umfangreichen Be 
stände des Besatzungsarchivs in Colmar sowie die Aktenbestände des französischen 
Außenministeriums in Paris und Nantes herangezogen. Die damalige enge Kontrolle 
der deutschen Verwaltungstätigkeit durch die Militärregierung hat den positiven Ne 
beneffekt, daß heute zahlreiche - in deutschen Archiven fehlende - Schriftstücke 
dort vorhanden sind. Die Auswertung einzelner Bestände der Archives Nationales in 
Paris sowie der Privatakten des ehemaligen Außen- und Premierministers, Georges 
Bidault, und des langjährigen Gouverneurs des Saarlands, Gilbert Grandval, ergänz 
ten das französische Aktenmaterial. Auf deutscher Seite wurden die Landesarchive in 
Saarbrücken, Speyer und Koblenz, die beiden Landtagsarchive und - soweit der Zu 
gang möglich war - die kirchlichen Archivbestände auf Fragen der Entnazifizierung 
hin ausgewertet. Der Aktenbestand der Industrie- und Handelskammer Ludwigshafen 
47 Im Anmerkungsapparat wurde auf eine genaue Wiedergabe der jeweiligen Sigel auf den Schreiben der 
französischen Militärregierung geachtet. Damit soll nicht nur weiteren Forschungen die Möglichkeit 
gegeben werden, Schriftstücke, auf denen die Daten fehlen (dies kommt leider des öfteren vor, da es 
sich meist um Ab- bzw. Durchschriften handelt), einzuordnen. Vor allem aber sind fast alle Schrift 
stücke von den jeweiligen Leitern der Militärregierung (Laffon oder den Ländergouvemeuren) unter 
schrieben, so daß der eigentliche Verfasser bei fehlender Angabe des Sigels nicht ersichtlich wird. 
48 Zu nennen ist hierbei insbesondere der teilweise gesperrte Bestand R 17 im Landesarchiv Speyer, der 
die - nach Verwaltungsbereichen geordneten - Entnazifizierungsbescheide der pfälzischen Organe der 
Jahre 1945 bis Mitte 1947 umfaßt. Die Sperrung personenbezogener Akten (politische Fragebögen u.ä.) 
ist umso fragwürdiger, als die Sanktionen damals mit Namensnennung in den Amtsblättern veröffent 
licht wurden. Zur Problematik der neueren Datenschutzgesetzgebung: Datenschutz und Forschungs 
freiheit. Die Archivgesetzgebung des Bundes auf dem Prüfstand/bearb, von Jürgen Weber. München 
1986; Schmitz, Hans: Archive zwischen Wissenschaftsfreiheit und Persönlichkeitsschutz. Anmerkun 
gen zur Archivgesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung 
der Archivalienbenutzung, in: Aus der Arbeit der Archive: Beiträge zum Archivwesen, zur Quellen 
kunde und zur Geschichte; Festschrift für Hans Booms/hrsg. von Friedrich P. Kahlenberg. Boppard 
1989, S. 95-112.
	        
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