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politik auf den einfachen Nenner einer unbarmherzigen Sicherheits- und Reparati
onspolitik (Hans-Peter Schwarz) oder die Bezeichnung der französischen Zone als
Ausbeutungskolonie (Theodor Eschenburg) dürften der Vergangenheit angehören 5 .
Klaus-Dietmar Henke faßte diese Auffassungen Anfang der 1980er Jahre noch ein
mal zusammen. Er bezeichnete die französische Besatzungspolitik als eine Politik
der Widersprüche, da sie sowohl von wirtschaftlicher Ausbeutung als auch von posi
tiven Ansätzen in der Kulturpolitik gekennzeichnet gewesen sei. Diese positiven An
sätze hätten jedoch nur eine Ablenkungsfunktion von der tatsächlichen, harten Besat
zungspolitik gehabt. Die Demokratisierungsmaßnahmen der Militärregierung cha
rakterisierte er als eine Politik des als ob, da eine starke Diskrepanz zwischen der
Verkündung demokratischer Freiheiten und der tatsächlichen Politik geherrscht
habe 6 .
Imperiales Auftreten, Schwarzwaldabholzung, wirtschaftliche Ausbeutung und ter
ritoriale Abtrennungsforderungen bildeten aber nur eine Komponente der französi
schen Politik, die unter dem Leitmotiv "Securite et charbon" stand. Die neuere zeit
geschichtliche Forschung hat klargestellt, daß der Demokratisierungs- und Umerzie
hungspolitik eine wichtige Funktion bei den französischen Bemühungen, einen dau
erhaften Frieden mit dem deutschen Nachbarn zu erreichen, zugedacht worden war.
Die konstruktiven Ansätze in der Kulturpolitik, die bereits in älteren Arbeiten be
schrieben worden sind 7 , waren nicht als Feigenblatt für die wirtschaftliche Aus
beutung des Besatzungsgebietes gedacht. Dieses Ergebnis wurde durch die neueren
Französische Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945. Neuere Forschungen über die "vergessene
Zone", in: NPL 35 (1990), S. 50-62. Literaturüberblick zu den deutsch-französischen Beziehungen in
der Nachkriegszeit: Kimmei, Adolf: Die deutsch-französischen Beziehungen, in: NPL 35 (1990),
S. 472^183 u. 36 (1991), S. 247-260.
5 Eschenburg, Theodor: Jahre der Besatzung 1945-1949. Stuttgart 1983, S. 96; Schwarz, Hans-Peter:
Vom Reich zur Bundesrepublik. Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen Konzeptionen in den
Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1948, Stuttgart 2 1980, S. L. Allerdings wird auch in neueren
wissenschaftlichen Veröffentlichungen der bereits überholte Forschungsstand der letzten Jahrzehnte
teilweise kritiklos übernommen. So stellt Frank Pfetsch in seiner Untersuchung zur Verfassungsge
schichte der Bundesrepublik Deutschland folgende Charakteristika der französischen Besatzungspolitik
heraus: wirtschaftliche Ausbeutung, politische Isolierung und Obstruktionspolitik im Alliierten Kon
trollrat, politische Dezentralisierung und Unterstützung separatistischer Bewegungen in der Besat
zungszone sowie Umerziehungsmaßnahmen in der Kulturpolitik; Pfetsch, Frank R.: Ursprünge der
zweiten Republik. Prozesse der Verfassungsgebung. Opladen 1990, S. 219ff.
6 Henke, Klaus-Dietmar: Aspekte französischer Besatzungspolitik in Deutschland nach dem Zweiten
Weltkrieg, in: Miscellanea. Festschrift für Helmut Krausnick zum 75.Geburtstag/hrsg. von Wolfgang
Benz. Stuttgart 1980, S. 169-191; Ders., Politik der Widersprüche. Zur Charakteristik der französi
schen Militärregierung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Die Deutschlandpolitik,
S. 49-90. Zur kontroversen Einschätzung der französischen Demokratisierungspolitik siehe die Kapitel
D.2. und E.1.3.
7 Cheval, Rene: Bildungspolitik in der französischen Besatzungszone, in: Umerziehung und Wiederauf
bau. Die Bildungspolitik der Besatzungsmächte in Deutschland und Österreich/hrsg. von Manfred Hei
nemann. Stuttgart 1981, S. 190-200; La denazification par les vainqueurs. La politique culturelle des
occupants en Allemagne 1945-1949/hrsg. von Jerome Vaillant. Lille 1981; Gilmore, Richard: France’s
Postwar Cultural Policies and Activities in Germany: 1945-1956. Genf 1973; Ruge-Schatz, Angelika:
Umerziehung und Schulpolitik in der französischen Besatzungszone 1945-1949. Frankfurt 1977; Wil
lis.