Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

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Wirtschaftsredakteur Otto Eichenlaub (Christdemokrat) zum neuen Oberregierungs 
präsidenten; außerdem wurde die Mehrheit der Präsidialdirektoren ausgewechselt 11 . 
Die Militärregierung sah Eichenlaub als einen erklärten Antifaschisten (de sentiment 
vraiment anti-nazi) an. Zuvor war er bereits als Leiter des Nachrichten- und Presse 
amtes im Oberregierungspräsidium tätig gewesen 12 . Die acht Präsidialdirektoren wa 
ren politisch unbelastet und - bis auf den Industriellen Julius Pieper (Wirtschaft) - 
Opfer des NS-Regimes. Karl Zimmermann (SPD, Inneres) war mehrmals verhaftet 
gewesen und als Justizbeamter genauso wie Wilhelm Bökenkrüger (SPD, Arbeit) als 
Arbeitsdirektor nach 1933 entlassen worden; August Meyer (SPD, Gesundheit) war 
unter dem NS-Regime verfolgt gewesen; Edmund Kroneberger (Christdemokrat, 
Unterricht und Kultus) hatte nach 1933 seine Tätigkeit als katholischer Journalist 
nicht mehr ausüben dürfen; Jakob Bieroth (Christdemokrat, Finanzen) war als Pro 
fessor von der Lehrtätigkeit ausgeschlossen worden. Der Präsidialdirektor der Justiz, 
Ludwig Ritterspacher, war 1937 als Landgerichtsrat in Frankenthal entlassen worden 
- er wurde nach Kriegsende zum Landgerichtspräsidenten in Neustadt ernannt 13 . 
Zum Oberregierungsvizepräsidenten und Leiter der Entnazifizierung wurde Carl 
Felix Koch ernannt. Der 1901 in Lauterbourg geborene Jurist, Kunsthistoriker und 
freie Journalist Koch hatte vor 1933 in München eine Privatdozentur für Kunstge 
schichte innegehabt. Seit Anfang der 20er Jahre in der pazifistischen Bewegung aktiv 
tätig, war er unter dem NS-Regime zweimal verhaftet (April bis August 1933 und im 
Februar 1937) und Anfang Januar 1943 zu einer Bewährungseinheit der Marine ein 
berufen worden. Dort war er allerdings bereits drei Monate später verhaftet und we 
gen Verstoß gegen das Heimtückegesetz zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt 
worden. Die Militärregierung charakterisierte seine politische Einstellung im Ok 
tober 1945 als de tendance socialisant et tres francophile 14 
11 Die ZSK sprach Anfang Januar 1946 gegen die ehemaligen Präsidialdirektoren Fritz Kausch 
(Wirtschaft), Hans-Georg Dahlgriin (Finanzen), Otto Jeratsch (Ernährung und Landwirtschaft) und Jo 
hannes Bärmann (Justiz) die Entlassung ohne Pensionsanspruch aus. Der bisherige Direktor des Innern, 
Rudolf Schneller, sollte versetzt werden; ebd. Vermutlich spielte bei der Entlassung Hoffmanns die 
Politik seines Vaters, des bayrischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann, gegenüber der französi 
schen Besatzungsmacht nach dem 1. Weltkrieg eine Rolle. Hierzu: Hennig, Diethard: Johannes Hoff 
mann. Sozialdemokrat und Bayerischer Ministerpräsident. Biographie. München 1990, S. 462ff. u. 
479ff.; Springorum, S. 117. 
12 GMPA/AA 364, 30.9.1945; GMPA, o.D. (Ende 1945); AOFAA RPP c.2318 p.6a u. DGAP c.231 p.42 
d.71. Gegen Eichenlaub wurden 1947 schwere Vorwürfe erhoben: Sein 1938 erschienenes Buch 
"Deutsche Propaganda im Weltkriege" wurde von der SPD als militaristische Lektüre kritisiert und die 
Einleitung eines Spruchkammerverfahrens gefordert. Die Militärregierung kam in einer internen Be 
gutachtung zum Schluß, daß es sich bei der Broschüre eher um eine Dokumentation als um eine Propa 
gandaschrift handele. Der damalige Autor sei als Nationalist, nicht als Militarist anzusehen; GMPA, 
o.D. (1947); AOFAA RPP c. 1824. 
13 Alle Angaben: GMPA, Ende 1945; ebd.; "Die Rheinpfalz", 10.10.1945; "Pfälzische Volkszeitung", 16., 
23.10. u. 30.11.1945. Springorum, S. 95ff. 
14 GMPA, 30.9.1945; GMPA, Ende 1945 (Anm. 12); GM PA/A A/INT 468: Note de Service, 2.10.1945; 
AOFAA RPP c.2318 p.6a. Ausgefülltes Formular der Betreuungsstelle der "Opfer des Faschismus", 
30.12.1948; LA SP V 52/219/14. Siehe auch: Springorum, S. 119f.
	        
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