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Das nützte ihm jedoch nichts mehr. Zum 8. Oktober 1946 mußte er den Dienst bei
der Militärregierung in Saarbrücken quittieren.
Nachfolger wurde der bisherige und auch weiterhin als Leiter der Section Interieur et
Cultes tätige Alexis Leroy 13 . Der Lothringer Leroy war von 1940 bis 1944 in Vi
chy/Allier als Deutschlehrer tätig gewesen. Ab 1. September 1944 vom Unterricht
freigestellt, meldete er sich zur AMFA und arbeitete seit September 1945 bei der
Delegation Superieure in Saarbrücken. Er fand seine neue Abteilung in einem deso
laten Zustand vor: Weder war das Archiv material klassifiziert, noch eine Entnazifi
zierungskartei geführt, noch das statistische Material ausreichend ausgewertet wor
den; die beiden Sachbearbeiter wurden beibehalten 14 . Unter Leroy arbeitete der Ser
vice Epuration zur allgemeinen Zufriedenheit. Nach Einrichtung des Hohen Kom
missariats im Januar 1948 ging er in der neuen Direction des Relations Administrati
ves auf, deren Leiter Leroy wurde. Aus Budgetgründen mußte er Ende 1948 aus dem
Dienst scheiden, obwohl er nach dem Urteil Anik Antoines, stellvertretender Chef
der Mission Juridique, der einzige war, der sich innerhalb des Hohen Kommissariats
in Fragen des NS-Staates auskannte (seul specialiste de la Hierarchie nazie) 15 . Nach
seinem Weggang wurden Fragen der Entnazifizierung vom Leiter des Cabinet Politi-
que, Henri Gauthier, behandelt.
4.2. Die Entnazifizierung der Verwaltung
Aufgrund der historischen Entwicklung wies das Saarland einige Besonderheiten auf,
die es bei der Entnazifizierung zu berücksichtigen galt. Im Kapitel A.3. wurde bereits
die Frage der Ausweisungen behandelt. Im saarländischen Fragebogen wurde nach
einer Mitgliedschaft in der "Deutschen Front" (DF), dem Zusammenschluß der pro
deutschen Parteien 1933 bis 1935, gefragt 16 . Der Zusammenschluß der Behörden der
Saarpfalz mit Lothringen unter Gauleiter Josef Bürckel ("Reichsstatthalter in der
nung; Reg.präs./Epuration: Vermerk Arweilers, 3.10.1946; GMSA/DAA/IC-EPU 768: Leroy an den
Vorsitzenden der Verwaltungskommission, Müller, 12.10.1946; LA SB OSR 76 u. VK 54.
13 Sigel "AL”.
14 Die Fragebögen wurden alphabetisch und nach Verwaltungen sortiert, das Archivmaterial erschlossen,
Statistiken angefertigt und mit der Erstellung von Ausweisungslisten (entlassene Nicht-Saarländern)
begonnen; diese Unterlagen konnten bisher nicht in den Archiven ausfindig gemacht werden. Der CSE
wurde in mehrere Unterausschüsse aufgeteilt; GMSA/DAA/IC-EPU: Leroy an Grandval, 21.10.1946;
AOFAA DGAP c.232 p.48.
15 HCRFS/JUR 88: Antoine an Gauthier, 19.2.1949; MAE NANTES Miss.Jur. G VI 6.
16 Zur Geschichte der "Deutschen Front": Jacoby, Fritz: Die nationalsozialistische Herrschaftsübemahme
an der Saar. Die innenpolitischen Probleme der Rückgliederung des Saargebietes bis 1935. Saarbrüc
ken 1973, S. 102ff. Gegenüber dem in Hessen-Pfalz bis Mitte Oktober 1945 gebräuchlichen Fragebo
gen (siehe das Kapitel C.5.2.) gab es folgende zusätzliche Fragen: B. Mitgliedschaft in der NSDAP:
3,k.: Standen Sie in Diensten der Gestapo?', 4. Haben Sie als Mitglied einer Loge jemals um Aufnahme
in die Partei nachgesucht? ... Ist der Antrag abgelehnt worden, wenn ja, unter welcher Begründung?
Haben Sie Antrag gestellt, um aus der Partei auszutreten? ... Wann ist der Austritt erfolgt?',
C. Tätigkeiten in NSDAP-Hiffsorganisationen: 4.i.: SD, j.: Deutsche Front; Exemplar des Saar-Frage-
bogens (deutsch/französisch): Gouvernement Militaire en Allemagne. Fragebogen. Questionnaire Per-
sonnel (gedruckt bei Schröder, Luisenthal); LA SB OSR 111.