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4. Entnazifizierung im Saarland
4.1. Der Service Epuration
Leiter der französischen Militärregierung im Saarland war zunächst General Mor-
liere, ab 30. August 1945 der Delegue Superieur Gilbert Grandval. Fragen der Entna
zifizierung wurden von seinem Kabinett und der Verwaltungsabteilung behandelt. So
wurde die Richtlinie für die Säuberung der öffentlichen Verwaltung im Oktober 1945
vom Kabinettsdirektor Cade formuliert 1 . Seit Januar 1946 wurden die Entnazifizie
rungsmaßnahmen von dem neu eingerichteten Service Epuration unter Capitaine
Marcel Brun 2 kontrolliert. Der ehemalige Sportlehrer Brun war seit 1932 im Ar
beitsministerium angestellt gewesen. 1945 meldete er sich zum Dienst in der Besat
zungsverwaltung und arbeitete zunächst in der Direction du Travail in Baden-Baden,
ab 1. Dezember 1945 bei der Delegation Superieure in Saarbrücken. Der Service
Epuration war als Unterabteilung der Section Interieur et Cultes Bestandteil der
Verwaltungsabteilung, die zunächst von Edouard Kuntz geleitet wurde. Kuntz war
unter der Vichy-Regierung Präfekt im Departement Tarn gewesen; er wurde deswe
gen Ende 1945 in der französischen Öffentlichkeit scharf angegriffen 3 . Grandval, der
seine Verwaltungskenntnisse geschätzt hatte, ersetzte ihn erst im April 1946 durch
Robert Parisot. Parisot war als Architekt in Nancy ein bekannter Denkmalschützer
gewesen, bevor er nach der Befreiung im September 1944 zum Präfekten des De
partement Vosges ernannt wurde. Dieses Amt übte er bis zu seiner Berufung durch
Grandval aus. Im Mai 1948 wurde er im Zuge der Umstrukturierungs- und Sparmaß
nahmen des Hohen Kommissariats als Directeur des Affaires Administratives entlas
sen 4 . Brun unterstanden zwei Sachbearbeiter, die als Elsässer aufgrund ihrer
Deutschkenntnisse zur Militärregierung gekommen waren und über die Jahre hinweg
kontinuierlich im Service Epuration arbeiteten. Der Ingenieur Guillaume Bruchlen
war gegen Kriegsende als Inspecteur Chef ä l'Inspection Generale des Camps zuerst
in Strasbourg, dann in Paris eingesetzt worden, bevor er von April 1946 bis Novem
ber 1948 bei der Militärregierung in Saarbrücken arbeitete. Der Bankangestellte Ro
ger Werthenschlag war bei Kriegsende zuerst als Dolmetscher in einem Kriegsge
fangenenlager bei Nimes, dann vom 1. April 1946 bis 1. Februar 1951 beim Service
Epuration angestellt 5 .
1 GMSA/DAA/IC 5077 (Sigel "AC"): Grandval an Regierungspräsident Neureuter, 9.10.1945; LA SB
OSR 74, Cade war Anfang September 1945 mit Grandval nach Saarbrücken gekommen; sie kannten
sich aus ihrer gemeinsamen Militärzeit: Cad6 war zuvor sous-Chef d'Etat-Major in Metz und Nancy
gewesen; AP GG d.4.
2 Sigel "MB”.
3 Siehe: "Ce Soir", 20.11.1945; AOFAA DGAP c.232 p.48; Manuskript der Memoiren Grandvals; AP
GG.
4 Er galt als der zweite Mann der Militärregierung hinter Grandval. Siehe das Empfehlungsschreiben
Abel Verdiers an de Bourbon-Busset (Quai d'Orsay, sous/Direction Sarre), 17.3.1948; MAE Z
EU/Sarre 1944-49 d.5/58ff.
5 Bruchlen verwendete das Sigel "GB", Werthenschlag "RW".