Full text: Entnazifizierung in Rheinland-Pfalz und im Saarland unter französischer Besatzung von 1945 bis 1952

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gen aussprechen und den Besitz in die Obhut der Landesämter für beschlagnahmte 
Vermögen übergeben; Aktionäre waren zu enteignen. Die wirtschaftliche Produktion 
der betroffenen Betriebe sollte dabei nicht beeinträchtigt werden 92 . Die zukünftige 
Bestimmung der beschlagnahmten Betriebe stand noch nicht fest - Laffon schlug 
drei Möglichkeiten vor: 
- die beschlagnahmten Betriebe werden nationalisiert und gehen in Landesbesitz 
über; 
- sie werden Genossenschaften oder Kooperativen überantwortet; 
- die Anteile werden wieder verkauft - jedoch nicht an Nationalsozialisten 93 . 
Als Beispiel für eine "Nazi-Firma" nannte Laffon dem Pariser Wirtschaftsministe 
rium die saarländischen Röchling-Werke; ihre Nationalisierung hätte außerdem einen 
positiven Effekt auf die französische Saarpolitik: II semble qu'il serait d'un immense 
interet politique au moment oü nous nous orientons vers le rattachement economique 
de la Sarre ä la France, de condamner la Societe Roechling au titre de la Denazifi- 
cation et d'en remettre la propriete ä la Province 94 . 
In den einzelnen Ländern liefen daraufhin die Vorarbeiten an: Listen mit den mögli 
cherweise für schuldig zu erklärenden "Nazi-Firmen" wurden erstellt. Ungeduldig 
erwartete Laffon Anfang Januar 1947 die angeforderten Informationen, die er für die 
Besprechung mit der Direktion Production Industrielle benötigte: Je vous ai Signale 
son urgence et je tiendrais ä ce qu'elle avance rapidement 95 . Die deutschen Organe 
verhängten anfangs größtenteils Geldbußen und sprachen nur vereinzelt Enteignun 
gen aus 96 . Prinzipielle Erwägungen führten - neben den Problemen, die bei der 
Durchführung auftauchten - zu einem Stopp der Beschlagnahmungen. Die Militärre 
gierung hatte weder eine Lösung für das Problem der ausländischen Aktienbeteili 
gung an "Nazi-Firmen" finden können, noch ein Verfahren gefunden, um die kon 
krete Schuld des einzelnen Aktionärs nachzuweisen. Laffon entschied daher im Mai 
1947, daß a) die Beschlagnahmung nationalsozialistischer Betriebe ausgesetzt und 
stattdessen empfindliche Geldbußen verhängt werden sollten (de fagon ä sanctionner 
ainsi indirectement toutes les personnes dont les fonds ont servi aux entreprises na- 
zies)\ b) in wenigen Einzelfällen weiterhin - nur mit seiner Genehmigung - Enteig 
nungen und Beschlagnahmungen durchgeführt werden könnten. Diese Regelungen 
galten nicht für das Saarland 97 . 
92 Die Frage einer Entschädigung "unschuldiger" Aktionäre sollte noch überprüft werden; ebd. 
93 Ebd. 
94 CCFA/CAB/C 8610: Koenig an das Ministerium für industrielle Produktion (über das CGAAA), 
25.11.1946; AOFAA DGAP c.3303 p.98. Zur französischen Wirtschaftspolitik an der Saar: Heinen, 
Armin: Bürokratische Entscheidungsfindung im politischen Raum. Zur französischen Wirtschaftspoli 
tik an der Saar, in: Die Saar 1945-1955, S. 159-174; Ders., Vom frühen Scheitern. 
95 CCFA/CAB/C 30 u. 146: Laffon an die D6tegu6s Sup^rieurs, 2. u. 4.1.1947; AOFAA DGAP c.3303 
p.98 u. RPc.901 p.4. 
96 Enteignungen, qui devront permettre des experiences de nationalisation, de socialisation ou 
l'avenement de nouveaux actionnaires; CCFA/CAB: "Rapport sur l’Epuration", April 1947; AOFAA 
DGAP c.233 p.52 d.2. 
97 Siehe das Kapitel C.4.4. CCFA/CAB/C 4617: Laffon an Hettier de Boislambert u. Brozen-Favereau, 
7.5.1947; CCFA/CAB/C 1895: Laffon, 26.11.1947; AOFAA DGAP c.3306 p.l 15 u. c.3303 p.98.
	        
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