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aus dem gleichen Grund kündigte Württemberg-Hohenzollern eine Verfassungs
beschwerde an. 11
Auf die Verbände griff der Konflikt insofern über, als auch Verbandsfunktionäre
realistischerweise dem niedrigeren Gesamtniveau zustimmten, dies gegenüber den
Landesverbänden im Südwesten aber nach Möglichkeit nicht allzu deutlich werden
ließen. Als der Bundestag das Gesetz am 19. Oktober 1950 verabschiedete, lud der
VdK die aus der ganzen Bundesrepublik zusammengeströmten Verbandsdelegierten
zur Anhörung der Übertragung auf zwei im Rhein liegende Schiffe ein; 12 13 wie Alfons
Prönnecke, damals einer der südbadischen Delegierten, berichtet, war der Grund
weniger die angenehme Schäffsatmosphäre als die Gefahr, daß die Delegierten sonst
den Bundestag gestürmt hätten. 15 Die badische Regierung hielt dem VdK auch im
Landtag später scharf vor, sie bei ihren Bonner Bemühungen nicht hinreichend
unterstützt zu haben, 14 nachdem die Auswirkungen des BVG im ganzen Land Pro
testdemonstrationen hervorgerufen hatten. Allerdings verwoben sich hier die Front
stellungen mit den parteipolitischen Gegensätzen, da der VdK-Sprecher im Bundes
tag, Helmut Bazille, der selbst aus dem württemberg-badischen Verband kam, SPD-
Mitglied war. Zu den beschriebenen internen Führungskrisen im VdK der Südwest-
Länder trugen diese Auseinandersetzungen 1950/51 wesentlich bei.
Durchsetzen konnte Baden nur noch eine Übergangsregelung, die alten Renten,
soweit sie höher lagen, noch ein halbes Jahr länger zu zahlen. Aus der Verteilung
dieser Kosten ergab sich wiederum ein langer Streit mit dem Bund. 15 Doch im
Endergebnis mußte Baden, wie auf den anderen sozialpolitischen Gebieten, sich
ebenso wie Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern der Bundesregelung
anschließen.
Noch in weiteren Bereichen mußte die Bundesrepublik jetzt an neue Lösungen
gehen, die im Südwesten teilweise bereits verwirklicht waren.
Mit der Übertragung der Kriegsopferversorgung an die Sozialversicherung war der
Rechtszug der Versorgung in der Bizone auf die entsprechenden Sozialversi
cherungsinstitutionen (Oberversicherungsamt usw.) übergegangen. Die Maßnahme
traf vor allem auf die Kritik der Verbände, da nach ihrem Urteil beide Materien zu
verschieden waren. Bis 1949 hatte sie immerhin den Vorteil, daß ein Rechtszug in der
Bizone bestand; in Baden und Rheinland-Pfalz galten rechtlich zunächst die Vor
schriften von 1934 weiter, 16 welche die Beschwerdemöglichkeiten weitgehend abge
schafft hatten. Württemberg-Hohenzollern führte eine Versorgungsgerichtsbarkeit
im Rahmen seiner KB-Leistungsgesetze 1949 wieder ein, Baden in einem eigenen
Gesetz 1950. 17 Anfang der fünfziger Jahre leitete das Bundesarbeitsministerium eine
11 Erklärung Altmeiers im Bundesrat abgedruckt in: Staats-Zeitung 1 Nr. 27,6.11. 1950.
,J Vgl. die Verbandspresse, passim.
13 Gespräch mit dem südbadischen VdK-Bezirksvorsitzenden Alfons Prönnecke, Müllheim, 31.
8.1983.
14 Anton Hilbert (CDU; 1949-1969 MdB) im Badischen Landtag, 8. 5. 1951, S. 21.
11 Wie Anm. 10.
14 Vgl. Rechtsvergleichende Darstellung über Leistungen an Kriegsopfer, Heft I, S. 14; Archiv
BAM.
11 Vgh oben S. 468.