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genau gegeneinander abzugrenzen, doch wiederum waren Weichen in diesem Be
reich 1945 längst gestellt. Die Störung der individuellen Handelsbeziehungen zwi
schen den Exporteuren in den einzelnen Ländern und ihre Monopolisierung durch
staatliche Kontrollorgane, welche zudem mit einem erheblichen bürokratischen
Reibungsverlust arbeiteten, sowie die gezielte Auflösung der „multilateralen Han
delsbeziehungen des alten Weltmarktes ... in ein Gewirr von bilateralen Pendelbe
ziehungen“, um eine Formulierung von Willi Boelcke aufzugreifen, 7 waren feste
Bestandteile der Schachtschen Politik. Es ist anzunehmen, daß die Wiederanknüp
fung freier Kontakte nach dem Krieg auch ohne die Einwirkung der Besatzungs
mächte erhebliche Übergangsprobleme mit sich gebracht hätte.
Die regionale Struktur des deutschen Außenhandels veränderte sich während des
„III. Reiches“ gleichfalls in einem für die Nachkriegs-Versorgungslage ungünsti
gen Sinn. Von 1933/35 bis etwa 1940 sank - bei Unterschieden im einzelnen - der
Anteil des deutschen Handels mit Westeuropa und den USA, während er mit
Südosteuropa, der Türkei, Vorderasien, Lateinamerika und Nordeuropa anstieg;®
damit wurde der Handel mit solchen Ländern intensiviert, die in der Nachkriegs
zeit teilweise schon aus politischen Gründen nicht mehr oder nur schwer erreich
bar waren. 1940 trat in dieser Entwicklung ein Umschwung ein, der die Nach
kriegssituation jedoch noch mehr belastete. An die Stelle der genannten Länder
traten in der relativen Bedeutung für das Reich nunmehr wieder die Länder West
europas.’
Tabelle 2 Deutsche Handelsbilanzen 1936-1944 nach Ländergruppen
(in Millionen Reichsmark, + = Exportüberschuß, - = Importüberschuß)
1936
1940
1941
1942
1943
1944
Fünf besetzte westliche Länder'
+
487
-409
-387
- 1 413
_
1 399
-
1 409
Fünf neutrale Länder 2
-1-
97
+ 129
- 71
- 122
-1-
119
+
279
Sieben alliierte oder
befreundete Länder* *
+
59
+ 235
+ 586
+ 811
+
1 376
+
917
Andere Länder
-
93
- 99
-212
- 408
+
234
+
153
Gesamtbilanz
+
550
- 144
- 84
- 1 132
+
330
-
60
1 Frankreich, Belgien, Niederlande, Norwegen, Dänemark
J Schweden, Schweiz, Spanien, Portugal, Türkei
1 Italien, Finnland, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien
Quelle : Milward, Der Zweite Weltkrieg, S. 415.
7 Boelcke, Die deutsche Wirtschaft, S. 103.
* Übersicht 1929-1938 bei Erbe, Wirtschaftspolitik, S. 76. Vgl. dazu Barkai, S. 135 ff. u. 183;
Stolper, Häuser u. Borchardt, S. 169; Kube, Außenpolitik; Statistik nach Ländern
1928-1938 in: Statistisches Handbuch von Deutschland 1928-1944, S. 410 ff.
* Für den Nahrungsmittelsektor im Überblick Volkmann, Landwirtschaft; mit Schwerpunkt
auf Frankreich: Kistenmacher, Auswirkungen. Zur Wirtschaftspolitik in den besetzten Ge
bieten s. unter anderem zu Frankreich: Milward, The New Order; Münz, Auswirkungen;
CfcPEDE, Agriculture; Arnoult, Les finances; Baudin, Esquisse de 1‘economie fransaise; Le