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Das war leichter gesagt als getan. Die administrativen Vorbereitungen nahmen den
ganzen Rest des Jahres in Anspruch, 41 wurden aber offenbar komplizierter gemacht,
als sie waren. So war die Militärregierung erstaunt darüber, daß das Arbeitsministe
rium um die Genehmigung der erforderlichen Mittel ersuchte, obwohl diese im
Haushalt 1947/48 längst genehmigt waren. 42 * Zu guter Letzt wurde die Realisierung
nicht durch politische Widerstände verzögert, sondern durch einen gesetzestechni
schen Fehler auf deutscher Seite, den in den Öffentlichkeit bekanntwerden zu lassen
man sich allerdings hütete: In seinen unter dem Druck der Öffentlichkeit Ende Juli
überstürzt geführten Debatten hatte der Landtag die Regierung zwar mit der Rege
lung der Frage beauftragt, jedoch versäumt, ihr eine formelle Vollmacht zum Erlaß
einer entsprechenden Verordnung zu erteilen. Erst im Dezember 1947, als die Aus
führungsbestimmungen fertig formuliert waren, bemerkte Justizminister Süsterhenn
den Fehler, aufgrund dessen der Verfassungsgerichtshof die „Rechtsanordnung" für
verfassungswidrig erklären würde.** So wurde in Windeseile und diskret ein neuer
Entwurf vorgelegt, über den mit der Militärregierung gar nicht mehr erst verhandelt
wurde 44 und den der Landtag am 15. Januar 1948 im Schnellverfahren als Gesetz
verabschiedete. 45
Damit wurde rückwirkend zum 1. August 1947 die 1945 in Hessen-Pfalz erlassene
Form der Kriegsopferversorgung unverändert auf das ganze Land Rheinland-Pfalz
ausgedehnt - zehn Monate, nachdem die Militärregierung dies angeregt hatte. Die
ses zweite rheinland-pfälzische Versorgungsgesetz stellt jedoch den seltenen Fall
eines Gesetzes dar, das zwar offiziell angewendet, aber nie verkündet wurde: Seine
weitere Geschichte verwirrte sich auf der politischen Ebene mit der zugleich in
Angriff genommenen umfassenden Kriegsopferversorgung. Gegenüber dem Ar
beitsministerium genehmigte die Arbeitsabteilung der Militärregierung das Gesetz
binnen fünf Tagen, und zwar ausdrücklich, obwohl die Ausgaben gegenüber der
Schätzung von 1947 inzwischen um gut 7% höher veranschlagt wurden - eine Situa
tion, bei der die Militärregierung in anderen Fällen rasch zu einem Veto neigte. 46 Der
Ministerpräsident, der für den Genehmigungsantrag offiziell zuständig war, erhielt
auf sein an den Gouverneur gerichtetes Schreiben, wie er diesem noch im November
Vgl. zu den technischen Problemen z. B. Niederschrift über Besprechung von Vertretern der
Landräte und Oberbürgermeister sowie des Landesversorgungs- und Fürsorgeamts Koblenz,
23. 10. 1947; LHA K0930/4760.
Vgl. innerfranzösischen sowie deutsch-französischen Schriftverkehr vom Herbst 1947 in
AdO Colmar RLP C. 897/5-10-2 und LHA KO 930/4738.
So Süsterhenn in Schnellbrief an den Chef der Staatskanzlei, 8. 1. 1948; LHA KO 930/4738.
Schriftverkehr vom Dezember 1947 ebd. und in AdO Colmar RLPC. 897/5-10-2.
Handschriftliche Notiz, wohl von Thibault, auf Landtagsdrucksache II 237 in AdO Colmar
ebd.
45 Vorgänge in LTA RLP II 237, LHA KO 860/957 Nr. 237 u. 930/4738; Sten. Prot. LT RLP,
15. I. 1948, S. 339.
Finanz- an Arbeitsoffizier, 31. 12. 1947, sowie Thibault an Arbeitsminister, 20. 1. 1948, AdO
Colmar C. 897/5-10-2 ; in den weiteren deutsch-französischen Verhandlungen bezog sich die
Arbeitsabteilung 1948 mehrfach (ebd. 5-10-3) auf diese Genehmigung. Deutsche Parallelak
ten in LHA KO 930/4732.