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sehen Verwaltungen an der Tagesordnung waren, bestätigte die Freiburger Militärre
gierung auf Anfrage ausdrücklich, daß die Renten für Hinterbliebene von Angehöri
gen der kaiserlichen Armee sowie der Reichswehr bis zum Hauptmannsgrad sowie
von durch die Nationalsozialisten aus politischen Gründen pensionierten Unteroffi
zieren und Offizieren voll zu zahlen seien, ohne Rücksicht auf sonstige Einkommen.
Hinterbliebene von Offizieren der neuen Wehrmacht erhielten gleichfalls ihre Ren
ten, wenn diese im Krieg gefallen oder an Kriegsfolgen gestorben waren; dies galt
auch für die Hinterbliebenen von Angehörigen der Waffen-SS bis zum Unterschar
führer. 1 * * Allerdings wurden dabei für Hinterbliebene von Angehörigen der neuen
Wehrmacht 1947/48 Bedürftigkeitsgrenzeneingeführt. 4
Das Gewirr der nach dem Krieg in Baden gültigen Kriegsopferleistungen sei hier
nicht an weiteren Beispielen verfolgt. Noch im Mai 1947 waren 18 verschiedene
Verordnungen und Gesetze in Kraft. 5 Die Wirkungen werden am deutlichsten bei
einem Vergleich der Pro-Kopf-Belastung der Kriegsopferleistungen im späteren
Bundesgebiet, den das Bundesarbeitsministerium 1949 - also als auch in Baden
bereits zahlreiche Kürzungen erfolgt waren - durchführte. 6 Entscheidend ist dieses
soziale Gesamtniveau, auf das zurückzukommen ist, sowie der politische Aspekt.
Entgegen dem in anderen politischen Bereichen konstatierten Befund, die französi
sche Militärregierung habe die Ankündigung liberaler Maßnahmen durch eine re
striktive Praxis zunichte gemacht, 7 ist in der badischen Kriegsopferversorgung eher
das Gegenteil zu konstatieren: Nach außen wurden relativ hart formulierte Anwei
sungen gegeben; tatsächlich war die Praxis im Vergleich zu den anderen Zonen
jedoch wesentlich liberaler. Dies ist um so bemerkenswerter, als es sich um erhebli
che finanzielle Mittel handelte, deren Einsatz im Rahmen der Haushaltsgenehmi
gung auch von der Finanzdirektion in Baden-Baden gegengezeichnet werden mußte;
1948/49 veranschlagte die Regierung die erforderlichen Mittel mit 75 Millionen DM
auf ein Viertel des Badischen Staatshaushaltes, 8 Fürsorgeleistungen nicht gerechnet.
Mehrere Faktoren kamen in der relativ günstigen Versorgungssituation in Baden
zum Tragen. Zunächst zeigte hier das französische Prinzip der parallelen Verwaltung
und genauen Kontrolle besonders deutlich seine Ambivalenz. Konzipiert zur genau
en Überwachung der deutschen Verwaltung, bewirkte dieser Apparat, daß die zu
ständigen Besatzungsoffiziere nicht nur die Interessen der Besatzungsmacht gegen
über den Deutschen vertraten, sondern umgekehrt auch diejenigen der Deutschen
Andrez an Direktion Arbeit, Freiburg, 5. 2. 1947; AdO Colmar 2413/2.
1948 wurde „Bedürftigkeit“ angenommen, wenn das Vermögen bei Witwen 500 DM, bei
Halbwaisen 300 DM und bei Waisen 1 000 DM nicht überstieg; Einkommen wurde jetzt ab
50 DM in gestaffelter Form angerechnet. Vgl. Der Kamerad 1 (1948) Nr. 3, Nov. 1948,
S. 2.
Vermerk vom 8. 5. 1947 in den Akten der Badischen Staatskanzlei, StA FR A 2/8477.
Vgl. Tabelle 19, unten S. 519, und Leistungssynopse S. 522 f.
So Henke, Politik der Widersprüche, passim.
Vgl. den Überblick des Leiters des Freiburger Kriegsversehrtenfürsorgeamtes: Rieber, Wie
deraufbau, Nr. 2, S. 4. — Dominique Magnant, Wirtschaftdirektor der bad. Militärregie
rung, bestätigte im Dez. 1986 gegenüber dem Verf., daß solche Finanzentscheidungen nicht
ohne Einverständnis der Baden-Badener Zentrale getroffen werden konnten.