Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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Sozialversicherung - die Dezentralisierungslinie schließlich durchsetzte und in der 
die Rolle der Baden-Badener Zentrale auf die Planung der Rahmenbedingungen 
begrenzt wurde. Im Sommer 1945 fielen die ersten Maßnahmen, wie zu zeigen sein 
wird, auf regionaler Ebene sehr unterschiedlich aus und wurden vermutlich von 
Baden-Baden aus nur wenig koordiniert. Bereits in der ersten Grundsatzdirektive für 
die Sozialpolitik ordnete Generalverwalter Laffon Mitte Oktober 1945 aber an, 
arbeitsunfähige Kriegsopfer seien bis zur Etablierung eines Versorgungssystems 
durch die Fürsorge zu betreuen, und im November folgte der Versuch, die Kriegsop 
ferleistungen ebenso wie die anderen Rentenzahlungen zonenweit zu vereinheit 
lichen und das Versorgungssystem damit stärker zentral zu steuern. 4 
Zugleich setzten aber in Berlin die Kontrollratsplanungen ein, welche in der 
Grundtendenz die scharfe Linie der anderen Alliierten zu bestätigen begannen. 5 
Wiederum wie in der Sozialversicherung, ist in den folgenden Jahren ein ständiges 
Lavieren der Baden-Badener Zentrale zwischen den Planungsetappen des Kontroll- 
rats und der in der Zone für richtig befundenen Linie zu beobachten; einige der 
Widersprüche und Wendungen der französischen Politik, die auf Länderebene zu 
verfolgen sein werden, standen wie bei Briten und Amerikanern in direktem Zusam 
menhang mit den einzelnen Stufen der Kontrollratsarbeit in Berlin, mit denen in 
direkte Kollision zu geraten die Franzosen sich auch in dieser Frage nach Möglich 
keit hüteten. Daraus entwickelten sich einige bemerkenswerte Konstruktionen. So 
folgte Baden-Baden um die Jahreswende 1945/46 den Berliner Planungen, die Ver 
sorgungsverwaltung aufzulösen, obwohl der französische Vertreter in Berlin mit dem 
Hinweis auf die technische Notwendigkeit der Beibehaltung dieser Infrastruktur 
dagegen protestiert hatte. Als „Lösung“ beschloß die Konferenz der Zonen-Arbeits 
offiziere etwa im Januar 1946 in Baden-Baden, die Versorgungsämter zwar aufzulö 
sen, sie jedoch durch Hauptfiirsorgeämter zu ersetzen - was in der Praxis auf die 
Erhaltung der Versorgungsverwaltung hinauslief, aber eine politische Konzession an 
die „anti-militaristische“ Berliner Linie bedeutete. 6 Die Praxis entwickelte sich auch 
hier nach Ländern etwas unterschiedlich, insgesamt jedoch in diesem Sinn. 
Im Frühjahr 1946 entwarfen die französischen Planungsstellen unter anderem einen 
detaillierten Plan für die Organisation der beruflichen Rehabilitation und der Wie 
dereingliederung der Schwerbeschädigten, in dem sie, auch angesichts des Fachar 
beitermangels in der Zone, sowohl auf die ökonomischen Bedürfnisse der unter 
schiedlichen Wirtschaftszweige wie auf die medizinische und psychologische Pro 
Laffon an Delegues superieurs, 13. 10. 1945; AdO Colmar Cab. Koenig C. 199/C III 2 d. 
Protokoll der Commission d’examen de la question des pensions et retraites titulaires allemands 
[sic], die unter dem Vorsitz des stellvertretenden Direktors für Verwaltungsangelegenheiten, 
Perier de Feral, am 6. 11. 1945 erstmals in Baden-Baden tagte; AdO Colmar CGAAA 
C.2672/11. 
5 Vgl. oben S. 401 ff. 
Das Datum der Konferenz war nicht genauer zu klären. Vgl. Rundverfügung des Administra- 
teur general adjoint an die Landesgouverneure, 19. 1. 1946, AdO Colmar Bade 2413, sowie 
zusammenfassende Darstellung in persönlichem Schreiben von Arbeitsdirektor Schwartz an 
den rheinland-pfälzischen Arbeitsoffizier Thibault, 23. 4. 1948, ebd. RLPC. 897/5-10-1.
	        
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