Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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se von Neuwied nach Koblenz verlegt. Der gleiche Streitpunkt führte zur vorüberge 
henden Auflösung der Ortsgruppe Alzey. 32 Dabei stand die Landesmilitärregierung 
unter wachsendem Druck aus Baden-Baden, das durch die zahlreichen Sicherheits 
polizei-Berichte alarmiert war. Da die in den Diskussionen und Demonstrationen 
vorgebrachten Argumente die rein sozialpolitischen Fragen bald überschritten, 
schalteten sich neben der Arbeitsdirektion in zunehmendem Maße die Sürete, die 
innenpolitische Direktion in Baden-Baden und schließlich auch die Entmilitarisie 
rungskommission ein, was ein wachsendes Chaos in den Kompetenzen und dem 
Schriftverkehr zur Folge hatte. Landesgouverneur und Zentrale hatten allmählich 
sichtlich Mühe, den Überblick zu behalten; dies trug vermutlich dazu bei, dem Bund 
der Körperbehinderten ein relativ breites Aktionsfeld zu eröffnen, in dem er zuse 
hends auf Kollisionskurs mit der Militärregierung ging. 
Die Konflikte bestanden aber nicht nur zwischen Kriegsopfern und Militärregie 
rung, sondern auch innerhalb des Verbandes selbst. Wie häufig bei den Streitigkeiten 
innerhalb der Kriegsopferverbände, ist der Anteil persönlicher Rivalitäten schwer 
genau auszumachen. Sachlich kristallisierten sich die Kontroversen in den beiden 
wichtigsten Punkten, die den Einfluß der alliierten Politik auf die bundesdeutschen 
Kriegsopferverbände zeigen: in der Frage der Mischverbände und der politischen 
Neutralität. Die Neutralität erschien in Randbereichen gefährdet, als die Landes 
KPD sich ab Anfang 1948 bemühte, die Unzufriedenheit der Kriegsopfer in politi 
sche Bahnen zu lenken und dabei auch mit kommunistisch beeinflußten französi 
schen Organisationen Kontakt aufzunehmen. Nachdem der Bund für Körperbehin 
derte bei Gemeinderatswahlen eigene Listen aufgestellt hatte, riet der KP-Landtags- 
abgeordnete und ehemalige Spanienkämpfer Ernst Buschmann den Parteimitglie 
dern in den Kreisen Ende 1948, mit den erfolgreichen Kandidaten dieser Listen 
bevorzugt Kontakt aufzunehmen. Wirklichen Erfolg hatte die KP aber nur in dem 
genannten Fall Cochem, und auch hier nur für kurze Zeit.“ Im Mai 1949 war das 
KP-Problem abgeschlossen; der den Franzosen von vornherein als Garant politi 
scher Ordnung erscheinende neue Verbandsvorsitzende Paul Hähnel (SPD), ehe 
mals Hotelbesitzer in Ostpreußen und jetzt Spirituosenhändler, 34 hatte das Heft 
zumindest zur politischen Linken hin fest in die Hand bekommen. 
Anders auf seiner Rechten. Stellvertretender Vorsitzender des Bundes war der DP- 
Landtagsabgeordnete Jakob Breitbach, streitbarer Verfechter der Kriegsopferinter 
essen gegenüber der Landesregierung. Im Juni 1949 blies er zum Sturm auf die 
Vorsitzposition von Hähnel. Er kritisierte zum einen, daß der Bund seine in den 
Statuten festgeschriebene parteipolitische Neutralität nicht wahre; nach Lage der 
Dinge konnte dies nur den Angriff auf die Vormachtstellung der SPD bedeuten, und 
nach französischen Erkenntnissen unterstützte die CDU diesen verbandsinternen 
Vorstoß. Zum anderen forderte Breitbach, der Bund solle sich auf die Kriegsopfer * 31 
32 Schriftverkehr und Sürete-Berichte ebd. sowie C. 897/5-30-5. Die Alzeyer Gruppe wurde im 
August 1948 wieder zugelassen. 
31 Vgl. Sürete-Berichte, u. a. 17. 2., 16. 6. u. 11. 12. 1948, sowie Bericht des Cochemer Kreis 
delegierten, 10. 1. 1948; AdO Colmar RLPC. 3186/2800-05-05. 
24 Vgl. Bericht der Koblenzer Militärregierung über die personelle Zusammensetzung des 
Bundesvorstandes, 29. 4. 1948; ebd.
	        
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