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November 1946 erließ Baden-Baden allgemeine Direktiven für die Gründung von
Behindertenverbänden, 26 und jetzt kam die Gründung von Ortsverbänden auf breite
rer Ebene in Gang. Kern des Bundes fiir Körperbehinderte und Hinterbliebene, der im
September 1947 zunächst für den Raum Rheinland-Hessen-Nassau und wenig spä
ter für ganz Rheinland-Pfalz zugelassen wurde, 2 ’ wurde die Neuwieder Gruppe. Den
Landesvorsitz übernahm zunächst Max Schmitt, der seit 1919 hauptamtlich - zuletzt
als Gauleiter in der Pfalz - im Reichsbund tätig gewesen war, 1933 in Schutzhaft
genommen wurde und nach 1945, als Opfer des Faschismus anerkannt, unter ande
rem die Gewerkschaften in der Kaiserslauterer Spruchkammer vertrat. 28 Bis 1949
war der Bund auf der lokalen Ebene weitgehend von der SPD beherrscht; eine
französische Übersicht über die Kreisvorsitzenden nannte im April 1949 22 SPD-
Mitglieder und 3 DP-Mitglieder; vier galten als neutral, bzw. ihre politische Haltung
war unbekannt. Lediglich in Cochem war ein KP-Mitglied Kreisvorsitzender, wurde
im Mai 1949 aber gleichfalls durch ein SPD-Mitglied ersetzt. 29 CDU-Mitglieder
waren nicht darunter.
Die Militärregierung überwachte den Bund bis auf die lokale Ebene hinunter beson
ders scharf, der Quellenlage nach zu urteilen noch genauer als in den übrigen Teilen
der Zone. 10 V-Männer der Sicherheitspolizei berichteten nicht nur über öffentliche
Versammlungen, sondern wurden auch in die Führungsgremien eingeschleust, so
daß die internen Vorgänge im Bund in den französischen Akten weit besser doku
mentiert sind als in den deutschen Quellen. Der Militärregierung ging es dabei vor
allem darum, die Bildung von Veteranenverbänden zu verhindern, ein Ziel, mit dem
sie in Rheinland-Pfalz auf besonders harten und offenen Widerstand der Kriegsop
fer traf. Ein großer Teil der Mitgliederschaft wehrte sich gegen die Struktur des
Mischverbandes, die das Selbstverständnis der Kriegsopfer in Frage stellte. Als der
Verband seit 1948 auch öffentlich immer aktiver wurde, Massenversammlungen
abhielt und im Zusammenhang mit der Verzögerung der Versorgungsgesetzgebung
die Militärregierung immer schärfer angriff, fürchtete diese offensichtlich zusehends
seine Rolle als Störer der öffentlichen Ordnung. Im Februar 1948 wurde nach einer
Versammlung, die den Charakter einer reinen Kriegsopferversammlung angenom
men hatte, 11 der Ortsverband Neuwied aufgelöst und der Sitz des Bundes zwangswei-
26 Direction generale des Affaires administratives an Delegues Superieurs, 28. 11. 1946, zit. in
AdO Colmar RLP C. 897/5-30-5.
Die genauen Zulassungsdaten waren nicht feststellbar; in einem zusammenfassenden Be
richt über die Tätigkeit der Kriegsopferverbände verwies Gouverneur Hettier de Boislambert
am 8.8. 1948 auf entsprechende Baden-Badener Dienstnoten vom 1.9. und 29. 10. 1947;
ebd.
Vgl. Schreiben des Bundesvorstandes an die Militärregierung Koblenz, 14.2. 1948; AdO
Colmar RLP C. 3186/2800-05-05.
Berichte der französischen Sicherheitspolizei vom 13. 4. und 10.5. 1949; ebd.
Vgl. die umfangreichen Materialien in AdO Colmar, u. a. RLP C. 897/5-30-5, C.
3186/2800-05-00 u. 2800-05-05.
Laut einem Bericht des Militärgouverneurs des Regierungsbezirks Montabaur vom
29. 1. 1948 hatte ein deutscher Landratsamtsangestellter die französischen Auflagen für die
umstrittene Versammlung sprachlich nicht verstanden; AdO Colmar RLP C.
3186/2800-05-05.