419
war die inneramerikanische Meinungsbildung über die Kriegsopferfrage, die auch
den Kontrollrat noch nicht beschäftigt hatte, offenbar noch nicht so weit gediehen,
daß ein Verband von „Kriegs“-Opfern untragbar erschien, doch wären die Vorgänge
um die frühe amerikanische Verbandspolitik an den OMGUS-Akten genauer zu
überprüfen. 18 Auf das Problem aufmerksam wurde die Landes-Militärregierung of
fenbar erst, als der Verband am 28. Februar 1946 den Antrag auf seine Zulassung
auch für Nordbaden stellte. Dort hatte sich inzwischen in Heidelberg eine regionale
Fachgruppe Kriegsopferbetreuung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes ge
bildet, die einen Anschluß wünschte. Solche gewerkschaftlichen Ursprünge von
Kriegsopferorganisationen waren für die Situation 1945/46 charakteristisch; es wird
darauf zurückzukommen sein. Nachdem Kriegsteilnehmerverbände durch den Kon
trollrat Ende November 1945 ausdrücklich erneut verboten worden waren, 19 * sahen
sich die Antragsteller als Reaktion unerwarteterweise nicht mit einer weiteren Ge
nehmigung, sondern der Auflösungsverfügung für die bereits bestehende Organisa
tion konfrontiert, in der die Amerikaner jetzt einen Veteranenverband sahen/ 0 Die
Auflösung erfolgte, doch wurde wenig später ein in der personellen Zusammenset
zung des Vorstandes kaum veränderter, dagegen auf ganz Württemberg-Baden aus
gedehnter Verband der Körperbeschädigten, Arbeitsinvaliden und deren Hinterbliebe
nen - Selbsthilfeorganisation zugelassen, der am 21. Juli 1946 seine konstituierende
Sitzung abhielt. Mit der neuen Bezeichnung und der Ausdehnung auf Zivilbeschä
digte folgte der Verband den alliierten Richtlinien und vermied den Anstrich eines
„Veteranenverbandes“. Zu der 1945/46 noch funktionierenden Versorgungsverwal
tung unterhielt er sofort enge Beziehungen: der Gründungsvorsitzende von 1945,
Karl Schmid, wurde Direktor des Hauptversorgungsamtes Stuttgart und wechselte
nach dessen Auflösung in die Kriegsopferabteilung der Landesversicherungsanstalt.
Seit April 1947 erschien eine Landesausgabe der Verbandszeitschrift Fackel (1949
Auflage 20 000 Exemplare), und Mitte 1947 wurde das Sozialwerk des VdK auf
Landesebene gegründet. Ende 1950 hatte der Landesverband 113 000 Mitglieder. In
Bayern wurde ein paralleler Landesverband Ende 1946 zugelassen, 21 * 23 der sich rasch
zur stärksten Föderation innerhalb des VdK entwickelte, mit 334 000 Mitgliedern
Ende 1950; sein Gründungsmitglied Karl Weishäupl ist 1987 Präsident des VdK.
Der Landesverband gibt unter anderem seit 1948 eine von der Verbandszeitschrift
getrennte eigene Monatszeitschrift Wille und Weg heraus (1958 Auflage 442 000
Exemplare)/ 2
In der französischen Zone war die Kontrolle der sich neu formierenden Kriegs
opferverbände schärfer als in der amerikanischen Zone. Sie bewirkte, daß die
Kriegsopfer sich, wie in Nordbaden, zunächst im Rahmen anderer sozialer Betreu-
Zur OMGUS-Kriegsopferpolitik vgl. unten S. 441 ff.
19 Vgl. oben S. 401.
25 Jahre VdK Baden-Württemberg, S. 11.
Verband der Körperbehinderten, Arbeitsinvaliden und der Hinterbliebenen (sic) in Bayern e. V.,
zugelassen am 29. II. 1946. Vgl. Donner, S. 21; Vom Wesen und Wirken des VdK Deutsch
lands, S. 75 ff.
23 Vgl. Donner, S. 64.